Kein Abzug, aber ein Dämpfer für die UN-Mission in Mali

Die Bundeswehr lässt ihren Einsatz im westafrikanischen Krisenstaat Mali vorerst ruhen. Noch sollen die deutschen Soldatinnen und Soldaten im Land bleiben - doch es ist unklar, ob die malische Militärregierung daran überhaupt Interesse hat.

Berlin/Bamako (epd). Es wirkt wie der Anfang vom Ende: Nach Wochen zunehmender Spannungen setzt die Bundeswehr im westafrikanischen Krisenstaat Mali vorerst alle operativen Tätigkeiten aus. Vorerst leisten also keine deutschen Drohnen mehr einen Beitrag zur Luftaufklärung, und auch die Transporthubschrauber CH-53 bleiben am Boden. Noch betont die Bundesregierung zwar, man sei prinzipiell bereit, sich weiter an der UN-Friedensmission in Mali zu beteiligen. Doch ein weiteres Engagement ist fraglich, denn zuletzt legte die regierende Junta den UN-Soldaten und damit auch der Bundeswehr immer mehr Steine in den Weg. Dabei würde ein Abzug der deutschen Soldatinnen und Soldaten die UN-Mission Minusma insgesamt empfindlich schwächen.

Die Erfolgsbilanz von Minusma ist durchwachsen. Trotz der Präsenz von knapp 13.300 Blauhelmsoldaten kommt das westafrikanische Krisenland nicht zur Ruhe. Immer wieder verüben Islamisten und bewaffnete Gruppen Anschläge auf Zivilisten, die malische Armee und auch die UN-Mission, die mit 275 Toten derzeit der gefährlichste Blauhelmeinsatz ist. Ins Leben gerufen wurde Minusma im Jahr 2013 vom UN-Sicherheitsrat. Nach einem Aufstand von Islamisten und bewaffneten Gruppen sollten die UN-Truppen für Frieden sorgen.

Doch zuletzt schien es immer fraglicher, ob die malische Militärregierung sie noch im Land haben will. Seit Monaten reiht sich ein Affront an den nächsten: Zuerst untersagten die Machthaber den UN, die Umstände eines Massakers zu untersuchen. Dann verbot die Junta nach der Festnahme von Dutzenden ivorischen Soldaten jeglichen Personalwechsel bei der UN-Mission, was auch die Sicherheit der Bundeswehrsoldaten gefährdet. Schon länger für Kritik sorgt zudem die Präsenz russischer Sicherheitskräfte, darunter Söldner des Kreml-nahen Wagner-Konzerns.

Das Vorgehen der Militärregierung erinnert an die Politik der Nadelstiche gegen die französische Anti-Terrormission Barkhane, die sich in der letzten Phase des Rückzugs befindet. Auf Kritik aus Frankreich reagierte die Junta mit der Ausweisung des französischen Botschafters. Auch dänischen Spezialkräften, die an der Seite Frankreichs kämpften, wurde vorgeworfen, sie seien ohne Einladung im Land. In der Bevölkerung hatte das Vorgehen durchaus Rückhalt. Der Abzug Frankreichs etwa wurde mit Jubeldemos begrüßt. Nun scheint es, als ob der Unmut sich nach dem Rückzug der ehemaligen Kolonialmacht gegen die Truppen der UN-Mission richtet.

Der Mali-Experte Ulf Laessing hält die Ankündigung der Bundesregierung vom Freitag für eine Art letzte Warnung. Die Machthaber in Mali müssten sich jetzt entscheiden, ob die Bundeswehr im Land bleiben solle oder nicht, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Entscheidung, den Einsatz vorerst ruhen zu lassen, sei nachvollziehbar. Doch ein Abzug hätte Konsequenzen für die gesamte Blauhelmmission, sagte der Leiter des Regionalprogramms Sahel der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. So würde die Mission wegen der dann wegfallenden Luftaufklärung ineffizienter. Zudem evakuiere die Bundeswehr verwundete Soldaten für die ganze UN-Mission.

Die nächste Hausforderung könnte derweil laut Laessing bereits Anfang kommender Woche auf die deutschen Soldaten zukommen. Dann verließen die französischen Soldaten ihren Stützpunkt in Gao, wo auch die Bundeswehr stationiert ist. Bisher seien in die von Frankreich geräumten Kasernen stets russische Sicherheitskräfte gezogen. Insofern würde es auch russischer Sicht Sinn machen, dass sie auch dorthin ziehen, sagt Laessing. Ob die Bundeswehr unter diesen Umständen in Mali bleibt, scheint fraglich.