Kaschmir zum Auftakt des islamischen Opferfestes weiter abgeriegelt

Dubai/Neu-Delhi (epd). Im indischen Teil Kaschmirs bleibt die Lage angespannt. Zum Auftakt des islamischen Opferfestes am Sonntag bestand weiter eine strikte Ausgangssperre. Telefonleitungen und Internetverbindungen waren blockiert, wie der indische TV-Sender News 18 berichtet. Gleichzeitig verlegte Indien Tausende zusätzliche Sicherheitskräfte in die Krisenregion.

Das Opferfest dauert bis Donnerstag und ist eine der wichtigsten Feiern für Muslime. In Kaschmir ist die Bevölkerungsmehrheit muslimisch.

Anfang der Woche hatte Indien den Sonderstatus des Bundesstaates abgeschafft und die Region vollständig in den indischen Staat integriert. Der Schritt verschärfte die Spannungen mit dem Nachbarland Pakistan, das die Region ebenfalls für sich beansprucht. Am Samstag wies Pakistan aus Protest 13 indische Diplomaten und ihre Familien aus.

Kaschmir ist seit mehr als sieben Jahrzehnten Streitpunkt zwischen Indien und Pakistan, die beide jeweils nur einen Teil des Gebietes verwalten. Die verfeindeten Atommächte haben bereits drei Kriege um Kaschmir geführt.

Pakistans Regierungschef Imran Khan warnte am Wochenende vor "ethnischen Säuberungen" in Kaschmir. Indiens Innenminister Amit Shah erklärte hingegen, die Aufhebung des Sonderstatus diene der Terrorabwehr.

Wie indische Medien meldeten, verstärkte die Regierung in Neu-Delhi derweil ihre Sicherheitskräfte in Kaschmir mit 120 zusätzlichen Kompanien. In der vergangenen Woche hatte Indien bereits rund 46.000 weitere Soldaten in Kaschmir stationiert. Unbestätigten Berichten zufolge hat auch Pakistans Armee damit begonnen, zusätzliche Soldaten an die Grenze zum indischen Teil Kaschmirs zu verlegen. 

Berichte über Groß-Demonstrationen und den Einsatz von Tränengas in Kaschmir wies Indien zurück. Die Polizei im Bundesstaat Jammu und Kaschmir erklärte, die Situation sei friedlich und "absolut normal". Die Polizei habe in den vergangenen sechs Tagen keinen einzigen Schuss abgegeben.

Die Vereinten Nationen hatten sich in der letzten Woche "sehr besorgt" über die Situation in Kaschmir gezeigt. Wichtige Politiker stehen unter Hausarrest. Insgesamt sind über 500 Menschen in Kaschmir, darunter Aktivisten, Politiker, Professoren und Geschäftsleute, inhaftiert worden. 

Indiens Verfassung sicherte der Region in dem nun abgeschafften Artikel 370 weitgehende Sonderrechte zu: Unter anderem war der Bundesstaat Jammu und Kaschmir berechtigt, seine eigene Verfassung zu haben. Außerdem durften nur Menschen aus Kaschmir im Himalaya-Tal Land erwerben und sich dort ansiedeln. 

Auch wenn die Autonomie des Bundesstaates in den letzten Jahrzehnten immer weiter ausgehöhlt wurde, hat sie einen enormen symbolischen Wert für die Bevölkerung. Der Sonderstatus galt als ein klares Bekenntnis zu einem säkularen Indien, für das sich Staatsgründer und Unabhängigkeitskämpfer wie Mahatma Gandhi und Jawaharlal Nehru eingesetzt hatten. 

Viele Bewohner Kaschmirs befürchten, dass mit der Aufhebung des Sonderstatus die Region "hinduisiert" werden soll. Die in Indien regierende Bharatiya Janata-Partei war mit dem Wahlversprechen angetreten, Kaschmir voll in das mehrheitlich hinduistische Indien zu integrieren.