Hilfswerke beklagen Tod und Verwüstung in Syrien

Freiburg/Aachen (epd). Sechs Jahre nach Beginn des Syrien-Krieges beklagen Hilfsorganisationen katastrophale Zustände in dem arabischen Land. Noch nie zuvor seien so viele Vertriebene, Flüchtlinge und Gewaltopfer auf Hilfe angewiesen gewesen wie heute, erklärte Caritas international am Mittwoch in Freiburg. Im dem seit März 2011 währenden Krieg wurden bislang mindestens 250.000 Menschen getötet und 1,2 Millionen Menschen verletzt. 

"Was mit den friedlichen Demonstrationen und der Hoffnung vieler Syrer auf gesellschaftliche Veränderungen begann, ist Tod, Verwüstung und großer Hoffnungslosigkeit gewichen", sagte der Geschäftsführer des katholischen Hilfswerks, Martin Bröckelmann-Simon, in Aachen.

Laut Caritas sind 13,5 Millionen Menschen in Syrien mittlerweile hilfsbedürftig, mehr als die Hälfte der Einwohner. Sorge bereiten vor allem 15 eingeschlossene Kampfgebiete. Zudem würden die Syrer immer häufiger Opfer ungezielter Bombenangriffe, protestierte das Hilfswerk Handicap international in München. "Bombardierungen und Raketenbeschüsse sind im Syrien-Konflikt zur Regel geworden. Sie haben eine grauenvolle Intensität erreicht und verheerende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung", erklärte Handicap-Einsatzkoordinatorin Mélanie Broquet. 

Während 2012 etwa die Hälfte der zivilen Opfer durch den Einsatz von Bomben, Granaten oder Minen in besiedelten Gebieten getötet worden seien, seien solche Explosivwaffen 2016 für mehr als 80 Prozent der Kriegstoten in der Zivilbevölkerung verantwortlich gewesen. Allein zwischen September und Dezember 2016 habe es pro Tag durchschnittlich 94 Angriffe mit Explosivwaffen gegeben. "Ganze Städte sind zerstört; die Bevölkerung ist traumatisiert. Nach Ende des Konflikts wird es Generationen dauern, bis das Land und die Menschen sich davon erholt haben", sagte Broquet.

Caritas-Nahost-Experte Christoph Klitsch-Ott verwies auf das enorme Ausmaß der versteckten Folgen des anhaltenden Bombardements: "Es ist nicht nur die unaufhörlich wachsende Zahl an Toten und Verletzten, die uns humanitäre Helfer tagtäglich fassungslos macht, sondern auch die stetig wachsende Zahl an Menschen, die als indirekte Folge des Krieges schleichend in die Verelendung gleiten." 

Schon einfache Krankheiten seien lebensbedrohlich, weil die Behandlung für die allermeisten Syrer unerschwinglich sei. "Diese Toten tauchen aber in keiner Statistik auf", erklärte Klitsch-Ott. 60 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung seien arbeitslos und deshalb nicht selbst in der Lage, sich und ihre Familien zu ernähren. Die Armutsrate liege bei 85 Prozent. 

In 15 Kampfgebieten seien immer noch Menschen eingekesselt und von der Außenwelt abgeschnitten. Der Nahost-Experte forderte massiven politischen und diplomatischen Druck der Nationen, die Einfluss auf die in Syrien kämpfenden Truppen haben. 

Der syrische Jesuit Sami Hallak aus Aleppo erklärte, dass die syrische Bevölkerung den Glauben an eine Lösung der internationalen Politik verloren habe: "Gerade deshalb bleibt ihnen nur noch die Hoffnung auf eigene Friedensinitiativen, so begrenzt sie auch sein mögen." In einem Hilfsprogramm arbeiteten zum Beispiel Christen und Muslime Seite an Seite, um Essen und Wasser zu verteilen.