Hilfsorganisationen dringen auf Waffenruhe in Syrien

Köln (epd). Hilfsorganisationen haben die dramatische Lage von etwa einer Million Menschen im Norden Syriens beklagt. Sie seien vor Kämpfen in der Region Idlib geflohen und nun zwischen Gewalt und einer geschlossenen Grenze gefangen, erklärte die Diakonie Katastrophenhilfe am Donnerstag in Berlin. "Das Leben von einer Million Menschen ist akut bedroht", mahnte Martin Keßler, der Leiter des evangelischen Hilfswerks. Menschen in dieser Region zu versorgen, sei kaum noch möglich. Helfer müssten selbst fliehen.

Neben der Diakonie Katastrophenhilfe forderten auch das UN-Kinderhilfswerk Unicef und das Welternährungsprogramm (WFP) dringend eine Waffenruhe in Syrien. Zugleich müsste den Menschen in ganz Syrien ein besserer Zugang zu humanitärer Hilfe ermöglicht werden. Neun Jahre Krieg hätten die Wirtschaft des arabischen Landes zerrüttet und Millionen Menschen in den Hunger getrieben, teilten die beiden UN-Organisationen in Köln mit. 

Von 2018 bis 2019 sei die Zahl der Hungernden in Syrien von 6,5 Millionen auf 7,9 Millionen gestiegen. Die Lebensmittelpreise legten zugleich um 60 Prozent zu. Vor Beginn des zehnten Kriegsjahres sei in Syrien ein Drittel der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, hieß es. Jedes dritte Kind gehe nicht mehr zur Schule und über die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen seien außer Betrieb.

Das Bündnis Aktion Deutschland Hilft kritisierte die europäische Politik. "Die Versäumnisse der europäischen Politik in der aktuellen Situation und den letzten Jahren haben dazu beigetragen, dass Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht mit Füßen getreten werden", erklärte Geschäftsführerin Manuela Roßbach in Bonn. 

Das Bündnis von 23 deutschen Nichtregierungsorganisationen appellierte an die Bundesregierung, mehr Verantwortung zu übernehmen. Als Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 müsse Deutschland sich "nachdrücklich für den Schutz der syrischen Flüchtlinge einsetzen", forderte Roßbach. Dazu gehörten auch politische Beschlüsse für eine schnelle Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland und anderen europäischen Ländern.