Guterres verlangt sofortige Waffenruhe in Syrien

Genf/Brüssel (epd). UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat die sofortige Umsetzung der internationalen Resolution zur Waffenruhe in Syrien verlangt. Angesichts neuer Angriffe auf das Rebellengebiet Ost-Ghuta bei Damaskus sagte Guterres am Montag vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf, es sei höchste Zeit, die "Hölle auf Erden" zu stoppen.

Der Beschluss des UN-Sicherheitsrates vom Samstag über eine 30-tägige Waffenruhe habe nur dann einen Wert, wenn er auch respektiert werde, erklärte er. Während die Waffen schweigen, sollten die UN und andere Organisationen dringend benötigte Hilfsmittel an die Bevölkerung liefern. Zudem müssten die Verletzten und die Kranken evakuiert werden, betonte der UN-Generalsekretär.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef ist nach eigenen Angaben in der Lage, innerhalb von 24 Stunden Helfer in das belagerte Ost-Ghuta zu schicken, wenn der humanitäre Zugang frei ist. Die Warenlager lägen in der Hauptstadt Damaskus und damit nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt, in dem rund 400.000 Menschen eingekesselt sind, sagte die Sprecherin von Unicef Deutschland, Ninja Charbonneau, im Deutschlandfunk. 

EU-Politiker forderten Russland und weitere in den Syrien-Konflikt verwickelte Mächte auf, die Waffenruhe für das Bürgerkriegsland durchzusetzen. Letztlich könnten nur Russland, Iran, die USA und die Türkei einwirken, "damit diese Barbarei aufhört", sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn in Brüssel. Die österreichische Außenministerin Karin Kneissl betonte mit Blick auf Russland: "Es geht wirklich darum, dass die wesentliche Akteure ihre Stellvertreter in Syrien unter Kontrolle bekommen." 

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini kündigte einen Brief an die Außenminister Russlands, des Irans und der Türkei an. Diese trügen als Garanten im sogenannten Astana-Prozess eine Verantwortung, die Sicherheitsrats-Resolution und insbesondere Zonen der Deeskalation umzusetzen, erklärte Mogherini nach einem Treffen mit den EU-Außenministern. 

Zugleich wies die Außenbeauftragte darauf hin, dass die Resolution keinen Zeitpunkt für den Beginn der Waffenruhe festlege. Dies sei ein Schwachpunkt des an sich willkommenen Schrittes. Der fehlende Zeitrahmen bedeute zugleich, dass die Waffenruhe noch nicht gebrochen worden sei, machte Mogherini klar: "Tatsächlich hat sie nicht einmal begonnen." Jede Minute, die weiter gewartet werde, "sterben dort Menschen". 

Arabische Medien berichteten unterdessen von erneuten Luftangriffen des syrischen Regimes von Präsident Baschar al Assad auf Ost-Ghuta. Die Attacken, bei denen auch Giftgas freigesetzt worden sei, seien nach Verabschiedung der Resolution erfolgt.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Seid Ra?ad al-Hussein, erklärte, die Erfolgsaussichten der Resolution des Sicherheitsrates müssten mit Vorsicht bewertet werden. Seit sieben Jahre seien alle Bemühungen, die Gewalt in Syrien zu stoppen, gescheitert, sagte Seid.

Er machte die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates mitverantwortlich für das Blutvergießen in Syrien. Die Einlegung ihres Vetos oder Drohung mit einem Veto gegen Resolutionsentwürfe zu Syrien habe zu dem Anhalten der Gewalt beigetragen, erklärte Seid. Die Vetomacht Russland stellt sich in dem UN-Gremium immer wieder schützend vor das Assad-Regime.  

Der UN-Sicherheitsrat hatte sich am Wochenende nach langem Widerstand Russlands einstimmig auf die Waffenruhe geeinigt. Allerdings ist der Kampf gegen Terrorgruppen von der Feuerpause ausgenommen. Das Assad-Regime bezeichnet fast alle Gegner als Terroristen. Laut Diplomaten hat die Resolution deshalb möglicherweise nur wenig Wirkung.

Bei Angriffen der Regierungstruppen auf Ost-Ghuta in den vergangenen Tagen wurden Hunderte Kinder, Frauen und Männer getötet oder verletzt. Die Tragödie und die internationale Empörung darüber führten zu der Resolution des UN-Sicherheitsrates. 

In Syrien kämpfen das Assad-Regime, Rebellen und Terrormilizen um die Macht. Neben Russland stehen iranische und andere Milizen auf der Seite Assads. Ferner geht die Türkei in Afrin gegen kurdische Verbände vor, die wiederum von den USA unterstützt werden. Seit 2011 wurden Hunderttausende Menschen getötet.