Friedenssicherung und Corona

Nairobi/Gao (epd). Eric Alain Kamden berichtet vor allem von Angst. "Die Menschen sind fast panisch", sagt der Mitarbeiter der Caritas im Norden von Mali. "Sie fürchten, dass sich das neuartige Corona-Virus auch hier in Gao richtig ausbreitet." Die Malierinnen und Malier leiden schon seit Jahren unter Terroranschlägen islamistischer Gruppen und ethnischer Gewalt. Jetzt also auch noch Corona, mit seinen wirtschaftlichen Folgen. "Die Menschen hier machen vor allem Migranten und die ausländischen Truppen dafür verantwortlich, dass das Corona-Virus in Gao eingeschleppt wurde", erklärt Kamden.

In der nordmalischen Stadt sind mehrere Kontingente der UN-Mission Minusma stationiert, darunter das deutsche mit bis zu 1.100 Soldaten. Ebenfalls in der Nähe befindet sich das Camp der französischen Militärmission Barkhane. Ziele der Missionen sind, das Land zu stabilisieren, islamistische Terroristen zu bekämpfen und den Friedensvertrag von 2015 zu unterstützen. Die UN-Mission gilt als gefährlichster Einsatz der deutschen Streitkräfte. Am Freitag entscheidet der Bundestag über eine Verlängerung des Mandats bis Ende Mai 2021. 

"Die internationalen Truppen patrouillieren in Gao jetzt seltener als früher, das liegt an Covid-19", hat Kamden beobachtet. Die Truppen seien gezwungen, in ihren Camps zu bleiben. Weil die militärische Präsenz nachgelassen habe, sei die Kriminalität spürbar gestiegen. Zumal Lebensmittel infolge der Corona-Krise nun deutlich teurer seien, während die Menschen wegen der Wirtschaftskrise noch weniger verdienten als früher.

Innerhalb der Minusma gab es einige Corona-Fälle, was zu Quarantänemaßnahmen führte. Doch unter den deutschen Soldaten habe es bisher weder Infektionen noch Verdachtsfälle gegeben, versichert Oberst Michael Felten. Er hat die Einsatzleitung des deutschen Kontingentes am 8. April übernommen.

Natürlich habe die Pandemie die Einsatzbedingungen in Mali verändert. Die Soldaten seien bestrebt, "den Gesundheitsschutz sowohl der Bevölkerung als auch unserer Truppen im Zusammenhang mit Corona zu gewährleisten", sagte Felten. Die Soldaten hätten klare Anweisungen bekommen, welche Hygienemaßnahmen sie zu beachten hätten: "Das geht damit los, dass die Kameraden draußen Mundschutz tragen, und dass wir unsere Fahrzeuge nach jedem Einsatz desinfizieren."

Felten zufolge ist die Zahl der Anschläge im Norden von Mali, auf den sich das Mandat der Minusma bezieht, seit Beginn der Corona-Krise nicht gestiegen. In der Landesmitte verschlechtert sich die Sicherheitslage dagegen beständig, nicht erst seit dem Auftreten des Virus. 

Hauptaufgabe der Deutschen ist die Aufklärung. Kontakte mit der Bevölkerung fänden weiterhin statt, wenn auch auf etwas niedrigerem Niveau, sagt Felten. Schließlich sei der direkte Kontakt unter den Bedingungen der Pandemie nicht möglich, "beispielsweise das gemeinsame Tee-Trinken". Die Kontingent-Wechsel gingen aber trotz Corona im üblichen Rhythmus weiter. Zwar verhängten die UN einen Rotationsstopp, Deutschland beantragte aber eine Ausnahme und bekam sie bewilligt. Die neu eingeflogenen Soldaten würden 14 Tage im "Camp Castor" isoliert, die bisherigen Einsatzkräfte blieben entsprechend länger.

Stärker beeinträchtigt ist die europäische Ausbildungsmission EUTM, in deren Rahmen seit 2013 malische Soldatinnen und Soldaten trainiert werden. Seitdem haben 15.000 malische Militärs eine Trainingseinheit durchlaufen. An der Mission dürfen sich laut Bundestagsmandat bis zu 350 deutsche Soldatinnen und Soldaten beteiligen. Der Bundestag könnte am Freitag eine Aufstockung auf 450 Personen bewilligen.

Derzeit ist die Ausbildung in Absprache mit der malischen Regierung allerdings ausgesetzt, das internationale Personal reduziert. "Die Bewegungen, zu denen man das Camp mit Fahrzeugen verlassen muss, sind auf das notwendigste reduziert," sagt Oberstleutnant Florian Schleiffer, der Einsatzleiter des deutschen Kontingents. Falls das Camp in der Kleinstadt Koulikoro verlassen werde, würden alle gängigen Vorsichtsmaßnahmen eingehalten. Die Leiter beider Bundeswehrkontingente haben dennoch weiterhin das Gefühl, dass die deutschen Soldaten in Mali gerne gesehen seien - trotz der Gerüchte, dass die ausländischen Truppen das Virus eingeschleppt hätten.