Friedensforschungsinstitute: Künftige Bundesregierung muss umdenken

Frankfurt a.M., Bonn, Duisburg, Hamburg (epd). Führende deutsche Friedensforschungsinstitute haben die künftige Bundesregierung aufgefordert, Lehren aus dem gescheiterten Afghanistan-Einsatz zu ziehen. „Es wäre aber zu einfach, daraus zu schließen, dass militärische Interventionen immer zum Scheitern verurteilt sind“, sagte Conrad Schetter vom Bonn International Centre for Conflict Studies am Donnerstag bei einer Online-Pressekonferenz.

Konkret benannten die Forscherinnen und Forscher in ihrer Sonderstellungnahme sieben Empfehlungen. Die neue Bundesregierung solle etwa eine unabhängige Kommission zur Evaluierung des Einsatzes einsetzen und den deutschen Beitrag zur Terrorbekämpfung nicht mehr primär militärisch ausrichten. Stattdessen solle sie Terroristen juristisch verfolgen und mit Regierungen vor Ort zusammenarbeiten.

Ratsam sei es auch, für künftige Einsätze realistische Ziele zu formulieren, die Risiken zu benennen und frühzeitig eine Exit-Strategie mitzudenken. Parallel dazu müsse die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union (EU) verbessert werden, etwa durch die Einführung von Mehrheitsentscheidungen.

Neben der Stärkung ziviler Mechanismen empfiehlt die Stellungnahme auch den Ausbau militärischer Fähigkeiten für den Notfall. „Wir haben in Kabul gesehen, dass die EU nicht in der Lage war, den Flughafen dort zu sichern“, kritisierte Ursula Schröder vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg. Die Lehre aus Afghanistan sei nicht, solche Einsätze in Zukunft zu unterlassen, sondern sie neu auszurichten. Mit Osttimor, Liberia oder Bosnien-Herzegowina gebe es Beispiele erfolgreicher Interventionen.

Derzeit bereite das westafrikanische Mali der Friedensforschung besondere Sorgen, berichtete Schröder: „Mali ist ein Fall, der voraussichtlich scheitern wird.“ Die Parallelen zu Afghanistan seien deutlich. Es fehle dort eine glaubwürdige Regierung, und die militärische Intervention bringe keine nachhaltige Sicherheit. Es brauche eine Exit-Option mit Schutz der Ortskräfte und eine andere Strategie, wie mit dem Terror umzugehen sei. „Das muss eilig auf den Tisch“, sagte Schröder.

Herausgeber der Sonderstellungnahme sind das Bonn International Centre for Conflict Studies, das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg und das Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen. Sie geben seit 1987 jährlich ein gemeinsames Friedensgutachten heraus.