Friedensforscherin: Gefragt sind "gestandene Diplomaten"

Kirchheim/Berlin (epd). Für die Vermittlung im Ukraine-Konflikt wünscht sich Martina Fischer, Referentin für Frieden und Konfliktbearbeitung beim evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt mit Sitz in Berlin, „gestandene Diplomaten aus Nicht-Nato-Ländern“. Verhandlungen sollten am besten auf Basis der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geschehen, sagte sie bei einer Onlinekonferenz der Friedensinitiative Kirchheim unter Teck (FIN.K) am Donnerstagabend. „Die OSZE ist nicht tot.“ Mit Helga Schmid an der Spitze leiste die OSZE eine gute Arbeit zur Rüstungskontrolle und zu vertrauensbildenden Maßnahmen. Für Verhandlungen zu einem Waffenstillstand müssten Diplomaten Länderkunde und viel Erfahrung mitbringen. Offen sei, ob Russland zu einem Waffenstillstand bereit sei.

Rüstungsabkommen, die in den letzten Jahren aufgekündigt wurden, teils durch die USA, müssten wieder aufgenommen werden, sagte Fischer. Sich nicht schon vor Jahren um eine europäische Friedensordnung, die Russland einschließt, bemüht zu haben, sei ein „großer Fehler“ gewesen. Ziel müsse weiterhin eine solche europäische Friedensordnung sein, die weder von den USA noch von Russland diktiert werde. „Die Sicherheitsinteressen von Europa und den USA sind nicht identisch.“

Den Vorschlag zu einem 100-Milliarden-Sonderprogramm für die Bundeswehr und mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Verteidigungshaushalt hält Fischer für „aktionistisch und überzogen“. Zuerst brauche es eine gesellschaftliche Debatte darüber, „was die Bundeswehr in Zukunft leisten soll“. Dabei dürfe der Begriff „Sicherheit“ nicht militärisch verengt definiert werden. Die geplanten Mehrausgaben gingen zulasten der Entwicklungszusammenarbeit und ziviler Krisenprävention. Das sei im Haushaltsentwurf klar zu sehen. Außerdem hätten diese Mehrausgaben keinen Einfluss auf den Krieg in der Ukraine. Nichtregierungsorganisationen und Kirchen sollten in dieser Frage engen Kontakt zu Politikern halten: „Manche Abgeordneten warten händeringend auf Statements der Zivilgesellschaft.“

Fischer sprach sich deutlich gegen den Export von Waffen in Spannungsgebiete aus. „Wir machen immer wieder die Erfahrung: Waffen wandern und führen zur Verlängerung von Kriegen.“ Sie plädierte auch für eine Deeskalation der Sprache. „Wir müssen die Kriegsrhetorik beenden und Nachrichten sorgfältig prüfen.“ Sie habe Angst, dass ein aggressiver Diskurs zu politischen Entschlüssen führe. „Wir müssen besonnen handeln. Auch eine Flugverbotszone wäre eskalierend.“ Sanktionen seien zwar alternativlos, aber es sei stets zu fragen, was damit erreicht werden solle. „Das hat Eskalationspotenzial, das ist ein Dilemma.“

FIN.K wurde 2021 gegründet. Zu den Unterstützern gehören die evangelischen und katholischen Gesamtkirchengemeinden von Kirchheim unter Teck und Pax Christi Kirchheim.