Forscher warnt nach Unruhen in USA vor weiterer Radikalisierung

Bielefeld (epd). Der Konfliktforscher Andreas Zick hat nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen in der US-amerikanischen Hauptstadt Washington D.C. vor weiteren Radikalisierungen gewarnt. "Wir müssen jetzt davon ausgehen, dass sich viele hoch radikalisierte Gruppen in den USA nicht friedlich zurückziehen, sondern weitere Milizen und Zellen gründen", sagte Zick dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Bielefeld. Zudem ließen sich rechtsextreme und rechtspopulistische Gruppen mit einer erhöhten Gewaltakzeptanz von diesen Bildern anstecken: "In der modernen, digitalen und globalen Welt sind die Netzwerke eng, verbinden sich nun extremistische Gruppen und feiern die Kapitol-Besetzung wie einen Sieg."

Auch in Deutschland gibt es nach Worten von Zick seit Jahren Hassgewalt. Auch hierzulande hätten Amts- und Würdenträger angesichts drohender Angriffe weniger Bewegungsfreiheit als vor Jahren. Ebenso hätten auch in Deutschland rechtspopulistische Gruppen amerikanische Parolen übernommen und US-Präsident Donald Trump seit Amtsbeginn verehrt. Der ehemalige rechtspopulistische Berater Trumps, Stephen Bannon, versuche seit Jahren in Europa rechte Bewegungen zu unterstützen und zu schulen. Ein Unterschied zu der Situation in den Vereinigten Staaten von Amerika sei die offene Bewaffnung in den USA und dass "dort ein Präsident selbst die Spitze einer nationalistischen Hassbewegung ist". 

Das Beispiel der USA zeige, wie bigott der Populismus sei, sagte der Wissenschaftler. "Wir können lernen, dass Rassismus in der Gesellschaft letztendlich Gewalt befördert und Demokratie zerstört", betonte der Leiter des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt - und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Zick mahnte eine intensivere Beschäftigung mit Radikalisierungen von Gesellschaften an und warnte davor, solche Ausschreitungen "immer wieder als Einzelfälle zu beurteilen, wenn die Gewalt nicht mehr sichtbar ist". 

Ein solch tiefgehender Konflikt mit gewaltsamen Auseinandersetzungen könne nicht allein durch Strafverfolgung gelöst werden, sagte Zick. Es müssten Normen und Werte, die Gewalt ächten, wieder hergestellt werden: "Die amerikanische Politik muss überlegen, wie viel Gewalt sie toleriert und welche Propaganda Gewalt befördert", erklärte der Wissenschaftler. 

Der von Trump propagierte Slogan "Wir holen uns das Land zurück", der von der Machtübernahme bis zur Propaganda der Wahllüge reiche, motiviere deutlich Gruppen zur Gewalt. Auch die Medien spielten hierbei eine Rolle. Die Aktion von Facebook und Twitter, die Lügenpropaganda des Präsidenten zu unterbrechen, könne zunächst Zeit und Raum schaffen für ordnende Kräfte.