Fehlende Unterstützung für Kriegsdienstverweigerer beklagt

Bonn (epd). Das Europäische Büro für Kriegsdienstverweigerung (EBCO) fordert mehr Einsatz von europäischen Institutionen für die Rechte von Kriegsdienstverweigerern weltweit. "Das fortgesetzte Versagen der großen europäischen Institutionen, die erneut die Unterstützung diskriminierter und verfolgter Militärdienstverweigerer vermissen ließen, erfüllt menschenrechtspolitisch den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung", erklärte der Vorsitzende Friedhelm Schneider am Dienstag in Bonn rückblickend auf das vergangene Jahr. 

Zum internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung an diesem Mittwoch (15. Mai) verwies Schneider beispielhaft auf Aserbaidschan, die Türkei, Griechenland, die Ukraine und Russland. Aserbaidschan habe sich im Jahr 2001 bei seinem Beitritt zum Europarat verpflichtet, bis Januar 2003 ein Zivildienstgesetz gemäß europäischer Standards zu verabschieden. Doch existiere das Gesetz bis heute nicht. Bis heute würden Kriegsdienstverweigerer in Aserbaidschan inhaftiert. Schneider ist für die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) beim Europäischen Büro für Kriegsdienstverweigerung tätig. 

In der Türkei sei das Grundsatzurteil, das der Europäische Menschenrechtsgerichtshof Anfang 2006 zugunsten des Kriegsdienstverweigerers Osman Murat Ülke fällte, bis heute nicht umgesetzt, kritisierte Schneider. Auch in Griechenland bestehe dringender Klärungsbedarf wegen der jahrzehntelangen Diskriminierung von Kriegsdienstverweigerern. Obwohl das Recht auf Verweigerung des Militärdienstes in Artikel 10, Abs. 2 der Europäischen Grundrechtecharta niedergelegt sei, sehe sich die EU-Grundrechteagentur nicht als zuständig an.

In der Ukraine mit zeitweise verhängtem Kriegsrecht habe sich die zuvor schon dramatische Lage der Kriegsdienstverweigerer weiter verschlechtert. Die Verfolgung der Zeugen Jehovas in Russland schwäche dort weiterhin das staatliche Zivildienstsystem, erläuterte Schneider. In der Schweiz plane die Regierung, Bestimmungen zu erweitern, die Kriegsdienstverweigerer zusätzlich belasten würden. Ziel dieser Maßnahmen sei es, die Akzeptanz des Militärdienstes dadurch zu erhöhen, dass die Attraktivität des Zivildienstes reduziert wird. Die Schweiz plant unter anderem Änderungen der steuerlichen Bewertung von Zivildienstleistenden.

Das Europäische Büro für Kriegsdienstverweigerer wurde 1979 als Dachorganisation für nationale Organisationen für Kriegsdienstverweigerer gegründet. Das EBCO engagiert sich nach eigenen Angaben mit Kampagnen für die Freilassung inhaftierter Kriegsdienstverweigerer und macht sich bei europäischen Regierungen und Institutionen für die Anerkennung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung stark.