Expertin fordert: Lokale Bevölkerung in Friedensprozesse einbeziehen

Osnabrück/Genf (epd). Die Schweizer Politikwissenschaftlerin Dana Landau plädiert dafür, bei kriegerischen Auseinandersetzungen die lokale Bevölkerung stärker in Friedensbemühungen mit einzubeziehen. Es reiche nicht aus, die verfeindeten Gruppen oder Machthaber an einen Tisch zu holen oder sich auf einen von oben verordneten und an westlichen Maßstäben orientierten Wiederaufbau eines Staates zu konzentrieren, sagte Landau in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zum Beispiel in Afghanistan habe sich gezeigt, dass es nicht gut sei, lokale Gegebenheiten zu ignorieren und über die Köpfe der Bürger hinweg zu entscheiden: "Dort geht die Gewalt trotz aller Bemühungen weiter."

Die zivilgesellschaftlichen Organisationen und Interessengruppen, wie etwa religiöse Gemeinschaften, Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisationen müssten von Anfang an in sogenannten "inklusiven Friedensprozessen" beteiligt werden. Zudem sollten Verhandlungen offen geführt und Zwischenergebnisse nach außen vermittelt werden, sagte die Friedensforscherin und Beraterin internationaler Organisationen am Rande des Osnabrücker Friedensgespräches zum Thema "Frieden machen".

Auch für den Bürgerkrieg in Syrien könnte ein solcher Prozess erfolgversprechend sein, betonte Landau. In Genf würden bereits seit Jahren Verhandlungen auch unter Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Gruppen und Exilgruppen geführt. Allerdings müsse ein Krieg auch "reif" sein für Verhandlungen. Ein Großteil der Akteure müsse zu dem Schluss kommen, "dass der Frieden besser ist als der Krieg".

"Solange aber immer noch Waffen an die Kriegsparteien geliefert werden, wird dieser Punkt immer weiter hinausgeschoben", erläuterte Landau, die bis vor kurzem für die "Inclusive Peace and Transition Initiative" in Genf gearbeitet hat. Die Expertin wird demnächst für "swisspeace" tätig sein. Die Schweizerische Friedensstiftung unterstützt auch die Inklusion der syrischen Zivilgesellschaft in den Genfer Friedensverhandlungen für Syrien.

Das Dayton-Abkommen zur Beendigung des Bosnienkrieges 1995 mahnt laut Landau zur Vorsicht. So stünden sich die Bevölkerungsgruppen der Kroaten, Serben und Bosniaken dort nach wie vor feindselig gegenüber. "Das politische System welches aus dem Friedensabkommen hervorging lähmt den Staat auch 20 Jahre nach dem Ende des Krieges noch. In Bosnien-Herzegowina herrscht zwar keine Gewalt mehr, aber auch kein sozialer Frieden."

Allerdings hat sich laut Landau seit den 1990er Jahren ein Trend zur Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure entwickelt. So habe Kolumbien per Referendum über den Friedensvertrag mit den Farc-Rebellen abstimmen lassen.