Experte: Grundsatzdebatte über Bundeswehreinsatz in Mali nötig

Frankfurt a.M. (epd). Nach dem erneuten Putsch in Mali fordert der Afrika-Experte Denis M. Tull eine Grundsatzdebatte über die Ziele des Bundeswehreinsatzes in dem westafrikanischen Land. Das strategische Ziel der internationalen Militäreinsätze mit Bundeswehrbeteiligung sei unklar, sagte Tull dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag. Diese Debatte müsse allerdings unabhängig von der Absetzung von Teilen der Übergangsregierung durch das Militär in der vergangenen Woche geführt werden, sagte Tull, der für die in Berlin ansässige Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) zu Mali forscht.

Die Bundeswehr beteiligt sich mit bis zu 1.100 Soldatinnen und Soldaten am UN-Blauhelmeinsatz Minusma in Mali. Zudem bilden bis zu 600 deutsche Soldatinnen und Soldaten im Rahmen der EU-Ausbildungsmission (EUTM) malische Sicherheitskräfte aus. Mitte Mai hatte der Bundestag eine Verlängerung der beiden Bundeswehreinsätze beschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte am Montag, sie wolle auch nach der erneuten Machtergreifung des Militärs in Mali an den Einsätzen festhalten.

Der SWP-Experte Tull zog eine kritische Bilanz zu den bisherigen Militäreinsätzen in Mali. „Weder die UN-Blauhelmmission noch die EU-Ausbildungsmission haben viel erreicht“, sagte er. „Die Sicherheitslage hat sich seit dem Jahr 2015 kontinuierlich verschlechtert.“ Es sei nicht klar, welches Ziel die Einsätze verfolgten, kritisierte Tull. So werde einerseits betont, dass es um Staatsaufbau und Demokratisierung gehe. Andererseits würden die Einsätze mit sicherheitspolitischen Interessen begründet, etwa dem Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität.

In dem westafrikanischen Land hat das Militär in der vergangenen Woche zum zweiten Mal innerhalb von neun Monaten die Regierung abgesetzt. Auslöser war eine Kabinettsumbildung der Übergangsregierung, bei der mehrere Interimsminister des Militärs ihre Ämter verloren hatten. „Defacto haben sich die Machtverhältnisse in Mali nicht geändert“, sagte Tull. „Die Militärs waren schon vorher am längeren Hebel.“

Die Sicherheitslage der in Mali stationierten Bundeswehrsoldaten verschlechtert sich Tull zufolge durch die Absetzung der Regierung nicht. Sollte Frankreich Soldaten aus Mali abziehen, hätten islamistische Gruppen allerdings mehr Spielraum. „Ausländische Truppen müssten dann mit mehr Anschlägen rechnen“, sagte Tull.