EKD-Militärbischof Rink gegen rigorosen Pazifismus

Hamburg (epd). Für den Erhalt von Recht und Freiheit ist nach Ansicht des evangelischen Militärbischofs Sigurd Rink auch der Einsatz von Gewalt geboten. "Rigoroser Pazifismus kann dem Recht des Stärkeren Vorschub leisten und nicht der Stärke des Rechts", sagte der Theologe in einem Interview mit der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt". Die Massaker in Ruanda Mitte der 90er Jahre seien dafür das eindringlichste Beispiel. Rink: "Ruanda machte mir bewusst, dass meine bisherige Haltung, die ich für ein christliches Gebot gehalten hatte, nicht richtig, sogar unverantwortlich war. Es gibt die Pflicht, zu helfen, und nicht nur das christliche Gewaltverbot."

Mit Blick auf die Gewalt in Ruanda und auch in Bosnien vor rund 25 Jahren sagte Rink: "Das war ganz klar ein Versagen der internationalen Gemeinschaft." Man könne doch nicht zusehen, wie eine knappe Million Menschen massakriert werden. Beim Völkermord in Ruanda töteten Extremisten der Hutu-Mehrheit 1994 innerhalb von rund 100 Tagen bis zu eine Million Angehörige der Tutsi-Minderheit und moderate Hutu.  Im Juli 1995 hatten Truppen der bosnischen Serben in Srebrenica in Bosnien-Herzegowina mehr als 8.000 Männer und Jungen getötet. 

Kriege könnten nicht gerecht sein, räumte Rink ein. Aber es könne geboten sein, "auf dem Weg zu einem gerechten Frieden auch zum Mittel der Gewalt zu greifen. Kontrahenten im Konflikt zu trennen, Raum und Zeit zu schaffen für politische Prozesse." Es müsse um rechtserhaltende Gewalt gehen. Es müsse dafür gesorgt werden, dass Staaten das Gewaltmonopol wahren können. "Ich nenne das auch rechtserzwingende Gewalt", so Rink. 

Er sei allerdings "nicht dazu da, Einsätze zu rechtfertigen. Kirchliche Friedensarbeit hat den Auftrag, das Gewissen der Soldaten zu schärfen. Soldaten zu ermutigen, nicht nur willenlose Befehlsempfänger zu sein", fügte Rink hinzu. Soldaten brauchen Beistand. Es gebe "keinen Kadavergehorsam mehr, wie man es aus dem Zweiten Weltkrieg kennt". Der einzelne Soldat müsse sein Tun immer an sein eigenes Gewissen rückbinden. Rink: "An dieses Gewissen appellieren ich und die 108 evangelischen Seelsorger in der Bundeswehr. Aber es braucht natürlich Mut, in einer Befehlskette einen Vorbehalt zu äußern. Diese Spannung muss ein Soldat aushalten können."

Rink ist der erste hauptamtliche Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Er trat das Amt im Juli 2014 an. Der Militärbischof mit Sitz in Berlin leitet die evangelische Seelsorge in der Bundeswehr und hat die Dienstaufsicht über die evangelischen Militärpfarrer.