EKD-Militärbischof: Afghanistan "bei weitem noch nicht befriedet"

Berlin (epd). Zur Stabilisierung der Sicherheit in Afghanistan sind die Präsenz und das Engagement der ausländischen Truppen nach Ansicht des evangelischen Militärbischofs Sigurd Rink noch dringend notwendig. Man habe es in dem Land "bei weitem noch nicht mit einer befriedeten Gesellschaft zu tun", sagte Rink nach seiner Rückkehr von einem dreitägigen Afghanistan-Besuch am Donnerstag in Berlin. Die bewaffneten Konflikte nähmen im Gegenteil derzeit sogar zu. Es sei daher in seinen Augen noch verfrüht zu sagen, ob Ende des Jahres die restlichen Truppenbestandteile abgezogen werden können.

Zum Jahresanfang startete in Afghanistan die Mission "Resolute Support", die auf den Kampfeinsatz der internationalen Truppen folgte. Hauptaufgabe der Soldaten ist es seitdem, die afghanischen Sicherheitsbehörden und Streitkräfte weiter zu unterstützen und auszubilden.

Rink sagte, die Zahl der bewaffneten Konflikte und der Menschen, die dabei ums Leben gekommen seien, sei seitdem erheblich gestiegen. Dies hänge vermutlich damit zusammen, dass die Taliban genau wissen, dass die internationalen Streitkräfte nicht mehr selbst eingreifen und nun die afghanische Einheiten herausfordern wollen, sagte der Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). 

Unter Berufung auf Zahlen des örtlichen Kommandeurs sagte Rink, seit vergangenem Jahr sei die Zahl der Toten auf Regierungsseite um 69 Prozent, aufseiten der Taliban um 200 Prozent gestiegen. Einige Regionen könnten derzeit nicht auf dem Straßenweg bereist werden, weil dies zu gefährlich sei. Der Militärbischof selbst konnte anders als geplant bei seiner Reise neben Masar-i-Sharif nicht Kabul besuchen, weil es als zu gefährlich galt.

Der Militärbischof will dennoch nicht von einem "verlorenen Einsatz" sprechen. Es sei vieles erreicht worden, vor allem im Gesundheits- und Bildungswesen. Zudem habe sich ein Sicherheitsapparat entwickelt. Nun gehe es darum, das Erreichte zu sichern. Die Frage, ob dies gelinge oder ob das Land in zehn Jahren erneut im Chaos versinke, lasse sich derzeit nicht beantworten, sagte Rink.