Ein Ostermarschierer der ersten Stunde

Wiesbaden (epd). Sein Mandat im Hessischen Landtag legt Willi van Ooyen am Samstag nach mehr als neun Jahren an der Spitze der Linken-Fraktion in Wiesbaden nieder. Mit 70 Jahren hält er es an der Zeit, die Verantwortung Jüngeren zu übergeben. Doch eines lässt sich der Politiker und Friedensaktivist nicht nehmen: Auch in diesem Jahr zieht er im Frankfurter Gewerkschaftshaus wieder die Fäden für die Vernetzung der Ostermärsche in ganz Deutschland. Und es soll auch keineswegs das letzte Mal sein, dass er in dem kleinen Büro wieder die gesamte Karwoche und das Osterwochenende hindurch die zentrale "Informationsstelle Ostermarsch" betreibt. 

Die Aufgabe ist von Ooyen ein Herzensanliegen, von dem er auch in den Jahren seiner Landtagszeit nie abgelassen hat. Schließlich ist er ein Ostermarschierer der ersten Stunde. "Ich war schon vor meiner Frankfurter Zeit 1966 bis 1968 bei den Ostermärschen in Dortmund mit von der Partie", erinnert sich van Ooyen. 1947 in Weeze am Niederrhein als ältestes von sieben Geschwistern geboren, machte er als Jugendlicher eine dreieinhalbjährige Ausbildung als Elektroinstallateur bei der Bundesbahn. Erste politische Aktivitäten entfachte er bereits in der Lehrlingsbewegung, wie van Ooyen stolz erzählt.

Während des Zivildiensts von Ende 1969 bis Anfang 1972 in Düsseldorf "habe ich mein erstes Strafverfahren wegen Landfriedensbruchs bekommen", berichtet er weiter. Der Grund: Er rief seine Kollegen zum Streik gegen Kasernierung und für die Gründung einer gewerkschaftlichen Interessenvertretung der Zivildienstleistenden auf. Seine politische "Karriere" begann dann als Sprecher der Bundeszentrale der Selbstorganisation der Zivildienstleistenden und Bundesvorstandsmitglied im Verband der Kriegsdienstverweigerer (VK).

Nach Frankfurt verschlug van Ooyen kurz darauf die Heirat mit einer Französin, die in der Stadt Arbeit beim Chemiekonzern Hoechst AG fand, der gerade eine Tochterfirma in Frankreich gekauft hatte. 1978 demonstrierte er zusammen mit dem ehemaligen Kirchenpräsidenten Martin Niemöller in Wiesbaden gegen die Neutronenbombe. Mit ihm arbeitete van Ooyen auch in der Deutschen Friedensgesellschaft zusammen, die sich inzwischen mit seinem VK zusammenschloss. Und nach einer längeren Pause der Ostermärsche in Deutschland war es van Ooyen, der die Bewegung wiederbelebte.

"Ich habe selbst den Ostermarsch 1980 angemeldet, das war damals noch ein eher bescheidener Osterspaziergang durch den Taunus mit etwa 100 Teilnehmern", sagt er. Doch schon in den nächsten Jahren wuchs diese Ausdrucksform der Friedensbewegung schnell wieder an. Vor allem der Protest gegen den Nato-Doppelbeschluss, später gegen den zweiten Golfkrieg und schließlich den Irak-Krieg brachte in den 1980er und 1990er Jahren sowie kurz nach dem Jahrhundertwechsel Hunderttausende auf die Beine. Van Ooyen erinnert sich an 50.000 Demonstranten vor dem Hauptquartier der US-Streitkräfte 1991, an allein 500.000 Teilnehmer des Protests gegen den Irak-Krieg 2003 in Berlin.

Inzwischen liegen die Teilnehmerzahlen an den Ostermärschen weit darunter. Doch Mitorganisator van Ooyen lässt sich nicht entmutigen. "Die Beteiligung war immer groß, wenn die Menschen Hoffnung hatten, mit den Demonstrationen etwas zu erreichen", sagt er und hofft, dass es angesichts der aktuellen Kriege in diesem Jahr wieder etwas mehr werden als im Vorjahr. Wie er schildert, stehen von Gründonnerstag bis Ostermontag bundesweit etwa 60 Veranstaltungen von Kiel bis zum Allgäu und Aachen bis Cottbus auf dem Programm. 

Sie alle werden dezentral von örtlichen Gruppen organisiert. Van Ooyens Infostelle in Frankfurt sammelt vor allem die Informationen über Art, politische Schwerpunkte sowie Teilnehmer und gibt sie auch der Presse weiter. "Die Friedensbewegung hat etwas bewirkt", ist er überzeugt und nennt als Beispiel, dass eine Mehrheit in Deutschland Nein zu Kriegseinsätzen sage. "Man darf nicht verzweifeln, sondern muss um mehr Teilnehmer werben", ist van Ooyens Devise. Und dafür hat er nach dem Ausscheiden aus dem Landtag künftig noch mehr Zeit.