Ehefrau bittet um Hilfe für inhaftierten ukrainischen Journalisten

Mainz (epd). Die Ehefrau des inhaftierten ukrainischen Journalisten Ruslan Kotsaba hat an die deutsche Öffentlichkeit appelliert, sich für die Freilassung ihres Mannes starkzumachen. Nur öffentliche Aufmerksamkeit könne ihn vor einer langen Haftstrafe bewahren, sagte Uljana Kotsaba dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Mainz zum Auftakt einer Vortragsreise durch mehrere deutsche Städte. Der 49-jährige Journalist und Kriegsdienstgegner war nach einem umfangreichen Strafprozess im Mai wegen angeblicher Behinderung der Streitkräfte zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und von Amnesty International als gewaltloser politischer Häftling anerkannt worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte Kotsaba in ihrer Anklageschrift auch Landesverrat vorgeworfen und sogar eine 13-jährige Haftstrafe gefordert. Der Kriegsdienstgegner aus dem westukrainischen Iwano-Frankiwsk hat inzwischen Berufung gegen das Urteil eingelegt. "Wir fordern einen vollständigen Freispruch", sagte Uljana Kotsaba. Bislang ertrage ihr Mann die schlechten Haftbedingungen noch ungebrochen. Allerdings sei zu befürchten, dass die Staatsanwaltschaft im Berufungsverfahren für ein härteres Urteil kämpfen werde: "Je mehr Menschen von dem Prozess wissen, desto höher ist die Chance, dass es ein rechtsstaatliches Urteil geben wird." 

Unmittelbarer Auslöser für Inhaftierung und Strafverfolgung des Journalisten war ein im Januar 2015 im Internet veröffentlichter, selbst gedrehter Videofilm. Darin hatte Kotsaba alle Ukrainer aufgerufen, den Kriegsdienst zu verweigern und von Staatschef Petro Poroschenko gefordert, den "Brudermord" im Land zu stoppen. Er selbst werde lieber ins Gefängnis zu gehen, statt in der Ostukraine die eigenen Landsleute zu töten. Nach dem Beginn der Kämpfe im Donbass-Gebiet hatte Kotsaba 2014 für den landesweiten Fernsehsender "112 Ukraina" als erster westukrainischer Journalist offiziell aus den von Aufständischen kontrollierten Gebieten berichtet.

Im Gegensatz zu den meisten seiner ukrainischen Berufskollegen sieht Kotsaba sein Land nicht in einer "Anti-Terror-Operation" oder im Verteidigungskampf gegen russische Besatzungstruppen, sondern in einem Bürgerkrieg. Kurz nach seinem Videoappell wurde er im Februar 2015 festgenommen. Sein Fernsehsender habe sich nach der Festnahme von ihm distanziert und den Vertrag rückwirkend aufgekündigt, berichtete Uljana Kotsaba. Vielen Ukrainern habe ihr Mann zunächst als Verräter gegolten. "Unser Kinder wurden in der Schule als Separatisten beschimpft", sagte sie. in jüngster Zeit erfahre sie aber wachsenden Zuspruch und verdeckte Unterstützung. 

Die Bundesregierung in Berlin hat sich bislang zur juristischen Verfolgung Kotsabas öffentlich nicht positioniert. Der Fall sei in Berlin bekannt, teilte das Auswärtige Amt dem epd auf Nachfrage mit. "Die Bundesregierung steht hierzu im Gespräch mit der ukrainischen Regierung", heißt es in der Stellungnahme.