Deutschland muss nicht für Opfer von Luftangriff in Kundus zahlen

Karlsruhe (epd). Der Tod von Zivilisten bei einem von der Bundeswehr veranlassten Luftangriff auf zwei Tanklastwagen im afghanischen Kundus begründet keinen Anspruch auf Schadenersatz. Das hat am Donnerstag der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden und damit Entschädigungszahlungen abgelehnt, die Angehörige von Opfern des von einem deutschen Oberst veranlassten Angriffs verlangt hatten. (AZ: III ZR 140/15)

Der Bundeswehr-Oberst hatte in der Nacht vom 3. auf den 4. September 2009 den Nato-Luftangriff gegen zwei von Taliban-Kämpfern entführte Tanklastwagen angefordert. Rund 100 Menschen, darunter zahlreiche Zivilisten, kamen ums Leben kamen. Der Offizier hatte befürchtet, dass die Lastwagen als rollende Bomben gegen ein in der Nähe befindliches Lager der Bundeswehr eingesetzt werden.

Zwei Angehörige von Opfern verlangten von Deutschland eine Entschädigung. Der Bundeswehr-Oberst hätte wissen müssen, dass viele Zivilisten sich in der Nähe der Tanklastwagen aufhalten. Für diese Amtspflichtverletzung müsse Deutschland Schadenersatz zahlen.

Doch das nationale Amtshaftungsrecht sei nicht auf Auslandseinsätze der Bundeswehr anwendbar, urteilte der Bundesgerichtshof. Deutschland sei daher auch nicht zu Schadenersatzzahlungen verpflichtet. Ebenfalls sehe das Völkerrecht keinen Schadenersatzanspruch von Einzelpersonen gegen Staaten, sondern nur zwischen einzelnen Staaten vor.

Doch selbst wenn eine Haftung möglich wäre, setze dies ein Verschulden des Obersts gegen Regeln des humanitären Völkerrechts zum Schutz der Zivilbevölkerung voraus. Doch sei vom Oberlandesgericht Köln festgestellt worden, dass für den Oberst die Anwesenheit der Zivilisten bei den Tanklastwagen nicht erkennbar war. Die getroffene militärische Entscheidung sei danach auch völkerrechtlich zulässig gewesen, urteilte der Bundesgerichtshof.

Bereits am 19. Mai 2015 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Bundeswehr-Oberst wegen des Luftangriffs nicht strafrechtlich belangt werden kann. Die Bundesanwaltschaft habe den Fall ausreichend ermittelt und habe das Strafverfahren einstellen dürfen.  (AZ: 2 BvR 987/11)