Deutschland hat jetzt einen Militärbundesrabbiner

Leipzig (epd). Mit einer Zeremonie in der Leipziger Synagoge ist Sachsens Landesrabbiner Zsolt Balla als Militärbundesrabbiner eingeführt worden. Erstmals seit mehr als 100 Jahren und 76 Jahre nach dem Holocaust wird es damit wieder jüdische Kirchliche Friedensarbeit in Deutschland geben. Der 42-jährige gebürtige Ungar wird ein noch zu errichtendes Militärrabbinat in Berlin leiten und bis zu zehn Militärrabbinern vorstehen. Sie sollen Seelsorger für jüdische Soldatinnen und Soldaten sein und der gesamten Armee als Ansprechpartner zum Thema Judentum zur Verfügung stehen.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sprach von einem „Grund zur Freude und zur Dankbarkeit“. Die Einführung eines Militärbundesrabbiners „schien über Jahrzehnte undenkbar und ist auch jetzt alles andere als selbstverständlich“, sagte er. Die jüdische Gemeinschaft wolle Verantwortung für die Demokratie übernehmen. Dazu gehöre auch eine Armee, die demokratische Werte lebe. Durch das Militärrabbinat werde „Fremdheit gegenüber dem Judentum abgebaut, sodass Vorurteile gar nicht erst entstehen oder am besten gleich in sich zusammenfallen“.

Politischer Extremismus dürfe in der Armee keinen Platz haben, betonte Schuster mit Blick auf zuletzt „viel zu viele beunruhigende Nachrichten aus der Bundeswehr“. Rechtsextreme in Uniform beschädigten den Ruf der gesamten Armee. „Daher gilt es nicht nur, Rechtsradikale aus der Bundeswehr zu verbannen, sondern alle anderen Soldaten zu stärken und in ihrer demokratischen Gesinnung zu festigen“, betonte Schuster. Letztmals vor der NS-Zeit hatte es demnach im Deutschen Kaiserreich während des Ersten Weltkriegs (1914-18) Feldrabbiner beim Militär gegeben. Fast 100.000 Juden kämpften damals auf deutscher Seite.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) erklärte, neben der evangelischen und der katholischen werde nun auch die jüdische Kirchliche Friedensarbeit „eine wichtige Stütze für unsere Soldatinnen und Soldaten sein“. Dies sei „ein großes Zeichen von Vertrauen“ und „angesichts der Geschichte auch ein Grund für Demut“. Zugleich sei das Militärrabbinat „ein großes Bekenntnis für unsere Demokratie, für unsere offene, vielfältige und tolerante Gesellschaft“. Praktische Begegnungen mit Juden würden gefördert, das Judentum in Deutschland ein Stück alltäglicher.

Balla sagte in seiner Dankesrede: „Ich spüre die Last der Geschichte auf meinen Schultern.“ Bei allen Herausforderungen empfinde er aber „eine ungeheure Dankbarkeit, in einem Land leben zu dürfen, das sich seiner Vergangenheit gestellt hat, sich aber auch entschlossen hat, nach vorne zu gehen, um aktiv eine bessere Welt zu gestalten“.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, wünschte Balla für seine Aufgabe schriftlich „Kraft, Mut und vor allem Gottes Segen“. Ein langer Atem und Beharrlichkeit seien notwendig gewesen, „dass Sie nun diesen besonderen Tag feierlich begehen können. Er sei “gewiss, dass die Militärrabbiner jetzt herzlich willkommen geheißen werden" und die bisherige Zusammenarbeit zwischen Juden und Christen fortgesetzt werde.