Deutsche Klimaaktivisten wegen Nahost-Konflikt unter Druck

Die deutsche Sektion von "Fridays for Future" hat sich von israelfeindlichen Aussagen der internationalen Organisation distanziert. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Schuster, verlangt eine stärkere Abgrenzung, ebenso mehrere Politiker.

Berlin (epd). Nach israelfeindlichen Äußerungen von „Fridays for Future International“ geraten die deutschen Klimaaktivisten der Organisation um Luisa Neubauer unter Druck, sich vom Dachverband loszusagen. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, forderte „Fridays for Future Deutschland“ auf, sich umzubenennen. „Ich erwarte von Luisa Neubauer und 'Fridays for Future Deutschland' eine wirkliche Abkoppelung, eine Namensänderung der Organisation und den Abbruch jeglicher Kontakte zu 'Fridays for Future International'“, sagte Schuster der „Bild“-Zeitung (Freitag). Auch Bundestagsabgeordnete verschiedener Parteien kritisierten die internationale Organisation und verlangten eine stärkere Distanzierung der deutschen Sektion.

Schuster warf „Fridays for Future International“ zudem „krude Geschichtsverdrehung, Dämonisierung Israels und nun auch noch Verschwörungsideologie“ vor. „Fridays for Future International“ hatte am Mittwoch auf Instagram von einem „Genozid“ gegen Palästinenser im Gaza-Streifen und von Israel als Apartheidstaat gesprochen. Zudem hatte die Organisation westliche Medien der Falschinformation und Lüge bezichtigt. „Fridays for Future Deutschland“ erklärte, der internationale Account spreche nicht für die deutsche Klimaschutzbewegung.

Überdies hatte auch die „Fridays for Future“-Gründerin und schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg Kritik auf sich gezogen, weil sie sich in ihren Reaktionen auf die Auseinandersetzungen im Nahen Osten aus Sicht einiger Beobachter zu einseitig auf die Seite der Palästinenser gestellt hatte.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Rachel sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Organisation stehe durch ihre Präsenz in der Öffentlichkeit und ihre große Anhängerschaft, vor allem in den jungen Generationen, in einer besonderen gesellschaftlichen Verantwortung. Auch Rachel, der Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Sprecher des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU ist, forderte eine strukturelle und namentliche Trennung vom internationalen Dachverband.

Die SPD-Staatssekretärin und Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese, die ebenfalls EKD-Ratsmitglied ist, sagte dem epd, es müsse verhindert werden, dass die Klimabewegung in Deutschland in Verdacht geraten könnte, mit Israelfeindlichkeit in Verbindung zu stehen. „Fridays for Futures Deutschland“ müsse sich deshalb überlegen, wie sie sich von ihren internationalen Strukturen nachvollziehbar lossagen könne. Sie räumte aber ein, dass dies nicht einfach werde.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, mahnte zu einem differenzierten Blick. Die Aussagen von „Fridays for Future International“ seien inakzeptabel, weil sie den Terror der Hamas und das dadurch Israel zugefügte, unermessliche Leid missachteten, aber die deutsche Sektion habe sich klar davon distanziert, sagte er dem epd.

Der Antisemitismus-Beauftragte der EKD, Christian Staffa, rief die deutsche Sektion dazu auf, den internationalen Dachverband in eine Debatte zu ziehen, um somit eine Veränderung zu bewirken. Die EKD solle versuchen, die deutschen Aktivisten davon zu überzeugen. Die EKD hatte sich in der Vergangenheit mit den Anliegen für mehr Klimaschutz von „Fridays for Future“ solidarisiert und auch diverse Klimastreiks unterstützt.

Rachel sagte, die EKD müsse „peinlichst genau darauf achten, dass sie keine Verbindungen zu Organisationen pflegt, die Vorurteile oder Hass gegen Juden transportiert, äußert oder unterstützt“. „Dies sind wir unserem eigenen Anspruch als evangelische Kirche schuldig. Antisemitismus und Israelhass sind in aller Entschiedenheit abzulehnen“, sagte der Dürener Bundestagsabgeordnete.