Das Nahostarchiv Heidelberg will den Frieden im Heiligen Land fördern

Heidelberg (epd). Frustriert ist er schon ein wenig darüber, dass die Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern momentan unerreichbar zu sein scheint. Seit mehr als drei Jahrzehnten will der Heidelberger Verleger Georg Stein mit seinem „Nahostarchiv Heidelberg“ über den Nahen Osten, den israelisch-palästinensischen Konflikt sowie die arabisch-islamische Welt informieren. „Ich möchte vermitteln zwischen den Konfliktparteien, sie miteinander ins Gespräch bringen - vor allem aber auch mehr Hintergründe über diesen komplexen Konflikt liefern“, sagt der 66-jährige studierte Politikwissenschaftler, „seriös und unabhängig“.

Doch der Gesprächsfaden zwischen Palästinensern und Israelis sowie zwischen nationalen oder internationalen Fürsprechern der einen oder anderen Seite scheint derzeit zerrissen zu sein, beklagt Stein. Einer der Hauptgründe dafür sei die expansive Siedlungspolitik Israels in den besetzten Palästinensergebieten. Diese führe auch zu gewaltsamen Gegenprotesten auf Seiten der Palästinenser, die seit Jahrzehnten unter starken Repressionen litten, analysiert er.

Steins Nahostarchiv befindet sich in einem Altbau im Herzen Heidelbergs und ist seinem Palmyra-Verlag angeschlossen. Dieser hat sich auf die Themen Naher Osten, arabische-islamische Welt, Islam sowie Pop- und Rockmusik spezialisiert. Über die Jahre hat der gebürtige Odenwälder in seiner Präsenzbibliothek rund 4.000 Bücher und 600 Broschüren, ein umfangreiches Zeitungs-, Zeitschriften- und Fotoarchiv sowie Filme und Videos angesammelt. Auch bietet er Recherche- und Servicedienste an. Zu den Nutzern des Archivs zählen Historiker, Juristen, Theologen, Lehrer, Studierende, Schüler und Nahost-Reisende.

Zudem organisiert der ehemalige Journalist Lesungen und Diskussionsveranstaltungen mit israelischen, palästinensischen und anderen arabischen Autoren. Zu den Autoren seines Verlags zählen der verstorbene israelische Träger des alternativen Nobelpreises, Uri Avnery, der ebenfalls verstorbene palästinensisch-amerikanische Kulturkritiker Edward W. Said sowie der aus Syrien stammende Erzähler Rafik Schami. Auch vermittelt Stein Kontakte nach Nahost, etwa an Bildungseinrichtungen, politische Stiftungen und Parteien oder Kommunen.

Schon als Jugendlicher habe ihn auf Reisen in die Region das Interesse am Nahost-Thema gepackt, sagt der Bob-Dylan-Kenner Stein, der den Songpoeten 1987 auf seiner Europa-Tournee als Fotograf begleitete. Als seinen „Lebensinhalt“ bezeichnet er die Aufgabe, an der Lösung des angeblich „unlösbaren“ israelisch-palästinensischen Konflikts ein Stück weit mitzuwirken. Den Vorwurf, einseitig pro-palästinensisch zu sein und seine Kritik an der Politik Israels sei antisemitisch, weist er als unbegründet zurück.

Eine gerechte Lösung des Nahost-Konflikts sieht der Verleger nur in einer „Zwei-Staaten-Lösung“, die den Palästinensern das Recht auf einen eigenen Staat einräumt. Besonders stolz ist Stein, dass er einst von dem früheren Bundespräsidenten Johannes Rau gemeinsam mit dem israelischen Friedensaktivisten Avnery zu einem Hintergrundgespräch ins Schloss Bellevue in Berlin eingeladen wurde. Den früheren Palästinenserführer Jassir Arafat traf er mehrmals zu Interviews.

Nun will Stein sein Nahostarchiv ohne finanzielle Interessen in andere Hände weitergeben. Derzeit sucht er in Heidelberg neue Räume für seine bundesweit wohl einmalige Sammlung. Trotz seiner Enttäuschung über die derzeitige Sprachlosigkeit zwischen Israelis und Palästinensern auf politischer Ebene arbeitet er weiter für eine Versöhnung im Heiligen Land. „Es gibt nur Frieden in Form von Gerechtigkeit“, sagt Georg Stein, „das ist im Interesse beider Völker.“