"Das Leben geraubt" - Ausstellung zeigt Schicksal Kriegsgefangener

Sandbostel/Kr. Rotenburg (epd). Zeitzeugenaussagen ehemaliger Kriegsgefangener aus der Normandie und aus Deutschland stehen im Mittelpunkt einer Sonderausstellung, die am Sonnabend in der Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen NS-Kriegsgefangenenlagers Sandbostel eröffnet wurde. Die Aussagen sollten vor allem der jungen Generation übermittelt werden, betonte der Leiter der Gedenkstätte, Andreas Ehresmann. Initiiert wurde die Ausstellung durch die nordwestfranzösische Stadt Cherbourg-Octeville in Zusammenarbeit mit dem dortigen Verein Mémoires et Terroirs (Gedächtnis und Gegend).

Die zweisprachige Hör- und Bilderausstellung unter dem Titel "Regards croisés. Prisonniers ici et là-bas" (Perspektivwechsel - Gefangene hier, Gefangene dort) besteht aus neun Abschnitten und mehr als 40 Biografien. Sie schildert bis Ende Februar in der Gedenkstätte im Landkreis Rotenburg unter anderem den Alltag in Gefangenschaft, das Zusammenleben mit den Wärtern und die Beziehung zur Zivilbevölkerung. Es geht aber auch um die Kommunikation mit Verwandten und um die spätere Rückkehr in die Heimat - jeweils aus deutscher und aus französischer Sicht.

Die Dokumentation wolle den ehemaligen Gefangenen Gehör verschaffen, sagte Ehresmann: "Durch den von Deutschland verursachten Krieg wurde ihnen in manchen Fällen bis zu ein Jahrzehnt ihres Lebens geraubt."

Im vergangenen Jahr haben sich fast 12.000 Besucher auf dem Gelände der Gedenkstätte informiert. Bis zur Befreiung durch britische Soldaten am 29. April 1945 durchliefen dort 313.000 Kriegsgefangene, Zivil- und Militärinternierte aus mehr als 55 Nationen das Lager. Nachgewiesen ist, dass 5.162 Kriegsgefangene starben. Überdies kamen etwa 3.000 KZ-Häftlinge ums Leben. Wahrscheinlich ist die Zahl aller Toten höher, doch seriöse Hinweise fehlen noch.

Nach der Befreiung 1945 errichteten die Briten in Sandbostel ein Internierungslager für ehemalige Angehörige der Waffen-SS - der Beginn einer wechselvollen Nachkriegsgeschichte an diesem Ort. Später erwarb die Stiftung Lager Sandbostel einige Hektar des ehemaligen Lagergeländes und richtete in teils noch erhaltenen Baracken die heutige Gedenkstätte ein. Ende 2015 konnten angrenzend weitere 15.000 Quadratmeter erworben werden, auf denen ebenfalls historische Gebäude stehen.