Das erste pazifistische Denkmal

Ettlingen (epd). Nie wieder Krieg. Das war die Lehre der Befreiungsmächte nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945. Als „Tag der Befreiung“ wird an dem Jahrestag in vielen europäischen Ländern der Millionen Menschen gedacht, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben ließen. „Nie wieder Krieg“ mahnen gleichermaßen deutschlandweit zahlreiche Friedensdenkmäler. Eines davon hängt am Rathausturm im nordbadischen Ettlingen.

„Das Gefallenendenkmal war das erste deutsche und vielleicht auch europaweit das erste pazifistische Denkmal“, sagt die Museumsleiterin der Stadt Ettlingen, Daniela Maier, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Neuartige an dem Denkmal war 1927 die Haltung, die der Ettlinger Bildhauer Oskar A. Kiefer mit seinem Werk zum Ausdruck brachte: kein Obelisk, kein Machtsymbol, sondern schlicht eine steinerne Warnung vor dem Krieg.

Das Anti-Kriegsdenkmal Kiefers zeigt ein wild galoppierendes Pferd, den sensenschwingenden Tod auf dem Rücken, der ohne Erbarmen alles Lebendige tötet: eine Kuh, junge Menschen, ein Baby auf dem Arm einer Mutter, alte Menschen. Darunter zu lesen sind die Jahresdaten der beiden Weltkriege 1914-1918, 1939-1945.

„Wenn man an Gefallenendenkmäler beispielsweise des Deutsch-Französischen Kriegs oder auch des Ersten Weltkriegs denkt, dann sind das meistens sehr pathetische Heldendenkmäler, die den gefallenen Soldaten, auch in Form eines fallenden Soldaten, huldigen“, erklärt die Museumsleiterin.

Eine Abkehr vom Heldenkult zeichnete sich nach dem Ersten Weltkrieg ab. Drückten die Denkmäler zuvor vor allem die Trauer um die auf weit entfernten Schlachtfeldern gefallenen Männer und Söhne aus, stand jetzt die Opferbereitschaft der Soldaten im Vordergrund. Ihr Tod sollte nicht umsonst gewesen sein, Entschlossenheit und Revanche bestimmten das gestalterische Konzept.

Andere Wege der Trauerarbeit ging schon früh die bayerische Stadt Ebersberg. Für jeden gefallenen Soldaten pflanzte sie von 1929 bis 1937 einen Baum. Die Heldenallee ist heute Denkmal und Mahnmal zugleich.

Nicht nur die Soldaten fallen, unter einem Krieg leiden alle, auch die Familien zu Hause. Aus dieser Erkenntnis und unter dem Einfluss der Friedensbewegung in den 1970- und 1980-er Jahren entstanden vielerorts Gedenkstätten für die Opfer.

Stolpersteine erinnern an die von den Nationalsozialisten ermordeten Juden, Sinti, Roma, Homosexuellen. Ein solcher Stein befindet sich etwa am letzten Wohnort des jüdischen Fußballspielers Julius Hirsch in Karlsruhe. Er spielte für den damaligen Verein Karlsruher FV, wurde nach Ausschwitz-Birkenau deportiert, wo sich seine Spur verliert.

Eine weitere künstlerische Reaktion auf kriegsverherrlichende Denkmäler ist seit den 1980er-Jahren das Aufstellen von Gegendenkmälern. Sie zeigen die Schattenseite der Heldenverehrung und negieren sie. Jüngstes Beispiel ist die 2020 aufgestellte Skulptur eines an Krücken gehenden Landminenopfers vor dem Erwin-Rommel-Denkmal im ost-württembergischen Heidenheim. Sie erinnert an die Opfer der Minenfelder, die Rommel als Kommandeur des deutschen Afrikakorps hatte anlegen lassen.

Im Waghäusel-Wiesental war es der Heimatverein, der 152 Jahre nach einem tödlichen Gefecht im Zuge der Badischen Revolution gegenüber dem Denkmal für die gefallenen Husaren einen Gedenkstein für die Freischärler um Friedrich Hecker aufstellte.

Nicht zu allen Zeiten stießen die pazifistischen Denkmäler auf Zustimmung, weiß Daniela Maier: „Spätestens 1933 wurden Stimmen laut, dass es sinnvoll wäre, das Denkmal in Ettlingen, das nicht der gefallenen Helden gedenkt, zu verhüllen.“ Doch Stadtverwaltung und Bürgerschaft setzten durch, was kaum zu erwarten war: Das Gefallenendenkmal in Ettlingen „blieb tatsächlich unverhüllt während des ganzen Zweiten Weltkriegs“, sagt die Museumsleiterin anerkennend.