Das Ende der UN-Mission in Mali hat sich lange angekündigt

Das Verhältnis zwischen Mali und den Vereinten Nationen ist seit Jahren angespannt. Der Wunsch Malis nach einem abrupten Ende der UN-Mission im westafrikanischen Land hätte daher keine Überraschung sein müssen.

Nairobi/ Bamako (epd). Für den Malier Siriki Kouyaté war es ein Triumph: Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen votierte am Freitag einstimmig für das Ende der UN-Mission Minusma in Mali. Der seit 2013 bestehende Stabilisierungseinsatz mit zuletzt rund 15.000 militärischen und zivilen Kräften soll zum Jahresende beendet sein. Die militärische Übergangsregierung des westafrikanischen Landes hatte Mitte Juni den sofortigen Abzug der Blauhelmmission gefordert. Die Bundeswehr ist mit etwa 1.100 Soldatinnen und Soldaten an dem Einsatz beteiligt.

Der 40-jährige Jurist Kouyaté hatte monatelang zu Protesten gegen die UN-Mission mobilisiert, um genau das zu erreichen. Im Mai sagte Kouyaté, Sprecher der Bewegung „Yerewolo Debout sur les Remparts“ („Männer mit Würde auf den Stadtmauern“) dem epd, die Vereinten Nationen seien „der größte Feind der Republik Mali“ und unterstützten den Terrorismus. Denn, so argumentierte er, die Sicherheitslage habe sich trotz der UN-Präsenz fortlaufend verschlechtert.

In diesem Punkt hat der UN-Kritiker recht. Mali ist eines der ärmsten Länder der Welt und befindet sich seit 2012 in einer schweren Krise. Auslöser war ein Aufstand von Tuareg-Rebellen im Norden des Landes. Darauf folgte ein erster Militärputsch, islamistische Gruppen nutzten das entstandene Machtvakuum, eroberten viele Gebiete im Norden. 2015 schlossen Regierung und Rebellengruppen einen Friedensvertrag, islamistische Gruppen blieben aber außen vor.

Im selben Jahr entstand im Zentrum des Landes ein weiterer Krisenherd. Die Kämpfe dort haben jedoch einen anderen Charakter: Zwar sind auch hier islamistische Gruppen mit Verbindungen zum Al-Kaida-Netzwerk beteiligt, aber der Konflikt ist stark durch ethnisch gefärbte Spannungen geprägt. Hunderte Zivilistinnen und Zivilisten wurden schon Opfer der Auseinandersetzungen. 2019 entwickelte sich im Osten Malis, an der Grenze zum Nachbarland Niger, ein dritter Krisenherd. Dort weitet die Terror-Organisation „Islamischer Staat“ ihren Einfluss aus, auch hier werden immer mehr Menschen getötet. 2021 kam die derzeitige militärische Regierung durch einen Militärputsch an die Macht.

„Die Übergangsregierung hat schon länger ein stärkeres Engagement der UN im Antiterrorkampf gefordert“, sagt die Konfliktforscherin mit dem Schwerpunkt Sahel, Anna Schmauder. Dies war allerdings nicht von dem UN-Mandat gedeckt. Denn die Minusma sollte die malische Regierung dabei unterstützen, die staatliche Autorität im ganzen Land wieder herzustellen und den Friedensvertrag von 2015 umzusetzen. Erst 2019 wurde der verstärkte Schutz der Bevölkerung ins Mandat aufgenommen, vor allem im Zentrum des Landes.

Dort seien inzwischen jedes Jahr die meisten Toten zu beklagen, sagt Schmauder. Weil das UN-Mandat der veränderten Krise nicht angepasst wurde, habe die Minusma „nebenher“ operiert: Sie richtete sich nicht direkt gegen die wichtigsten Gewaltakteure, also islamistische Terrorgruppen und kommunale Milizen. Das Ergebnis sind Massaker mit manchmal Hunderten Toten in einer Nacht, verbrannte Dörfer, zerstörte Ernten.

In einer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat hatte der malische Außenminister Abdoulaye Diop schon im Juni 2022 beklagt, die malische Regierung sei außerstande, das Leben und den Besitz der Bevölkerung zu schützen. Und das trotz der Präsenz von französischen und UN-Militärs. Deshalb sei Mali Ende 2021 eine sogenannte Sicherheitspartnerschaft mit Russland eingegangen. Westliche Regierungen sind davon überzeugt, dass es sich bei den russischen Kräften überwiegend um Wagner-Söldner handelt, was die malische Regierung bestreitet: Sie spricht von russischen Soldaten.

Zugleich verweigerten die malischen Behörden der Minusma immer wieder Überflugsrechte und die Erlaubnis zum Austausch der Truppen. Auch der Vorwurf schwerer Menschenrechtsverletzungen durch die malische Armee und ihre russischen Partner verschärfte die Konflikte zwischen UN und der Übergangsregierung.

Im Mai 2023 veröffentlichte die Mission trotz Torpedierung der Recherchen durch die Behörden einen Bericht über ein Massaker im zentralmalischen Ort Moura. Demnach wurden dort im März 2022 im Rahmen einer mehrtägigen Militäroperation mehr als 500 Menschen getötet. Die überwiegende Mehrheit sei von malischen Truppen und „ausländischem Militärpersonal“ hingerichtet worden.

Die malische Regierung wies den Bericht als „fiktiv“ und „voreingenommen“ zurück, warf den UN sogar Spionage vor. Schon nach dieser Eskalation war schwer vorstellbar, wie die Minusma weiter in Mali operieren könnte.