Bedford-Strohm: Evangelische Friedensethik weiterentwickeln

Freiburg (epd). Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, fordert nach dem russischen Angriff auf die Ukraine eine Weiterentwicklung der evangelischen Friedensethik. Die Orientierung am „gerechten Frieden“ bleibe auch jetzt richtig, heißt es in einem Gastbeitrag des bayerischen Landesbischofs für die „Herder Korrespondenz“ (Mai). Es bleibe auch richtig, „dass wir uns damit von der 'Lehre vom gerechten Krieg' verabschiedet haben. Denn Krieg ist immer eine Niederlage.“

Militärische Gewalt sei nie „'gerecht', sondern schrecklich“, fügte der Sozialethiker Bedford-Strohm hinzu. Aber es könne eben auch Situationen geben, wo der Verzicht auf sie noch schrecklicher ist, Der gemeinsame Wunsch, dem Leiden endlich ein Ende zu setzen, verbinde alle Positionen. Zu deutlich sei die Einsicht, dass Gewalt nie Frieden schafft, sondern bestenfalls Räume dafür wieder öffnen kann, dass er sich entwickeln kann.

Allerdings habe die evangelische Friedensethik nie eine unpolitische Ausprägung entwickelt, die sich den „Dilemmafragen“ konkreten politischen Handelns einfach entziehen würde, entgegnete Bedford-Strohm auf entsprechende Kritik: „Während die Kriterien für den Einsatz militärischer Gewalt in der evangelischen Friedensethik längst entwickelt waren, sind die Konsequenzen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine neu zu bedenken.“

Nach wie vor bleibe „die drastische Unterfinanzierung ziviler Möglichkeiten, menschliches Leben zu retten, ein moralischer Skandal“, kritisierte Bedford-Strohm: „Noch immer sterben jeden Tag weltweit um die 20.000 Menschen, weil sie nicht genug Nahrung oder Medizin haben.“ Es sei zu befürchten, dass die Zahl nach Pandemie und Ukraine-Krieg sogar wieder wächst.

Schon allein, um zukünftigen gewaltsam ausgetragenen Konflikten präventiv zu begegnen, müsse die „Absurdität der Ressourcenverteilung“ zwischen Aufwendungen für Rüstung und Aufwendungen für menschliche Entwicklung von den Kirchen immer wieder thematisiert werden, erklärte der Landesbischof. Jeder Mensch verdiene den Schutz vor brutaler militärischer Gewalt. „Aber nicht weniger verlässlich verdient er den Schutz seines Lebens durch die notwendigen Mittel zur Erfüllung seiner Grundbedürfnisse wie Nahrung und Medizin, um so ein Leben in Würde führen zu können.“