Alternativer Nobelpreis für Aktivisten aus Asien und Afrika
Klimaschutz, Menschenrechte und der Einsatz von Technologien im Sinne des Gemeinwohls: Für Initiativen in diesen Bereichen gibt es in diesem Jahr den Alternativen Nobelpreis.
Berlin/Stockholm (epd). Der Alternative Nobelpreis geht in diesem Jahr an Initiativen aus dem Sudan, Myanmar, Taiwan und Ozeanien. Die Right Livelihood Stiftung ehrt damit sudanesische Komitees zur Nachbarschaftshilfe, die Gruppe „Justice for Myanmar“ und die non-binäre Hackerin und Digitalministerin Audrey Tang aus Taiwan. Weiter gehört die Organisation "Pacific Islands Students Fighting Climate Change” aus Ozeanien zusammen mit dem Menschenrechtsanwalt Julian Aguon aus Guam zu den Preisträgern, wie die Stiftung am Mittwoch in Stockholm bekanntgab.
Das sudanesische Netzwerk von Nachbarschaftskomitees „Emergency Response Rooms“ (ERS) wird ausgezeichnet, weil es „inmitten von Krieg und Staatszerfall gemeinschaftliche Nothilfe für die würdevolle Versorgung von Millionen von Menschen“ aufbaue. Die Komitees helfen demnach unter anderem mit Suppenküchen und Gesundheitsposten dort, wo andere Organisationen nicht mehr hinkommen. Dabei begeben sie sich selbst in Gefahr vor Verfolgung.
Die ERS leisteten überlebenswichtige humanitäre Hilfe an Orten, die durch Hilfsorganisationen nicht mehr erreichbar sein, würdigte auch die Diakonie Katastrophenhilfe in Berlin die Ehrung für ihre Partnerorganisation im Sudan. „Dieser Preis ist ein wichtiges Zeichen gegen das Vergessen.“
Das anonym arbeitende Kollektiv „Justice for Myanmar“ erhält den Alternativen Nobelpreis laut Right Livelihood Stiftung für seinen „Mut und seine bahnbrechenden Recherchen, die die internationale finanzielle Unterstützung für die korrupte Militärjunta aufdecken“. Die Recherchen hätten beispielsweise dazu geführt, dass die Schweiz Sanktionen gegen das Unternehmen Myanmar Oil and Gas Enterprise erhob und der europäische Flugzeughersteller Airbus die Zusammenarbeit mit AviChina beendete. Das chinesische Unternehmen hatte Flugzeuge und Waffen an das Militär in Myanmar verkauft, das seit einem Putsch 2021 brutal die Opposition und ethnische Minderheiten im Land verfolgt.
Die non-binäre Aktivistin und Hackerin Audrey Tang aus Taiwan wird als Vordenkerin für die Nutzung von Technologie und künstlicher Intelligenz für das Gemeinwohl geehrt. Die aktuelle Digitalministerin des Inselstaates stellt digitale Plattformen zur Verfügung, die es Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, Transparenz in staatlichen Behörden zu schaffen und die demokratische Entscheidungsfindung zu verbessern.
Die „Studenten der Pazifischen Inseln gegen den Klimawandel“ (PISCFF) erhalten den Preis zusammen mit Julian Aguon, weil sie erfolgreich das Thema Klimagerechtigkeit vor den Internationalen Gerichtshof gebracht haben. Im Juli entschied das Gericht auf Grundlage ihrer Klage, dass alle Staaten rechtlich zum Klimaschutz verpflichtet sind. Während die 2019 von 27 Jurastudentinnen und -studenten in Vanuatu gegründete PISCFF ein internationales Solidaritätsnetz mobilisierte und vom Klimawandel besonders betroffene Menschen zu Wort kommen ließ, entwickelte Aguons Kanzlei die juristische Strategie.
Der Alternative Nobelpreis wird jährlich an mutige Persönlichkeiten und Organisationen der Zivilgesellschaft vergeben und ist in diesem Jahr mit jeweils 800.000 Schwedischen Kronen (ca. 72.700 Euro) dotiert. Offiziell heißt er Right Livelihood Award, übersetzt etwa „Preis für die richtige Lebensweise“. Die Auszeichnung wurde 1980 von dem deutsch-schwedischen Philatelisten und Publizisten Jakob von Uexküll ins Leben gerufen und wird durch Spenden finanziert. Zu den bisherigen Geehrten gehören der kongolesische Gynäkologe Denis Mukwege, die Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée und zuletzt 2024 der palästinensische Menschenrechtsaktivist Issa Amro.
Hintergrund: Alternativer Nobelpreis
Mit den offiziellen Nobelpreisen hat er nichts zu tun: Der Alternative Nobelpreis heißt eigentlich „Right Livelihood Award“, übersetzt etwa „Preis für die richtige Lebensweise“. Er wurde 1980 von dem deutsch-schwedischen Philatelisten und Publizisten Jakob von Uexküll ins Leben gerufen.
Uexküll wollte in den 70er Jahren erreichen, dass zwei weitere offizielle Nobelpreise für die Bekämpfung der Armut und den Schutz der Umwelt vergeben werden. Aber die von Alfred Nobel (1833-1896) initiierte Stiftung, die die Nobelpreise vergibt, lehnte das ab.
Daraufhin stiftete Uexküll einen eigenen Preis, den „Right Livelihood Award“, und gründete eine gleichnamige Stiftung mit Sitz in Stockholm. Seine Auszeichnung geht praktisch nie an mächtige Staatsmänner, sondern zeichnet zumeist Helden und Heldinnen des Alltags aus: Menschenrechtler, Umweltschützerinnen, Friedensaktivisten, Frauenrechtlerinnen oder Streiter für die Rechte von Minderheiten.
203 Preisträgerinnen und Preisträger - Personen und Organisationen - aus 81 Ländern gab es bisher, darunter der kongolesische Arzt Denis Mukwege, der US-Whistleblower Edward Snowden oder die Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée. Im Jahr 2024 erhielten die philippinische Indigenen-Aktivistin Joan Carling, der palästinensische Menschenrechtler Issa Amro, die Umweltschützerin Anabela Lemos aus Mosambik und die britische Organisation Forensic Architecture den Preis. Die Auszeichnung ist in diesem Jahr mit 800.000 Schwedischen Kronen (rund 72.700 Euro) dotiert.