Äthiopische Regierung: Humanitäre Hilfe für Tigray unterwegs

Frankfurt a.M./Genf (epd). Die äthiopische Regierung hat nach eigenen Angaben Dutzende Hilfskonvois in die umkämpfte Region Tigray geschickt. Berichte, wonach wegen anhaltender Kämpfe keine humanitäre Hilfe geleistet werden könne, seien falsch, teilte das Büro von Ministerpräsident Abiy Ahmed am Freitag mit. Ein Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR erklärte dagegen in Genf, seine Organisation habe weiter keinen Zugang zu der Region im Norden des Landes.

Laut der Regierung wurden diese Woche 89 Lastwagen mit Lebensmitteln und medizinischem Material in verschiedene Städte und Gegenden von Tigray geschickt. Rund 30 Lastwagen seien bereits in der Regionalhauptstadt Mekele angekommen. Drei weitere Lieferungen mit medizinischem Material würden in Kürze erwartet. Die Regierung räumte sporadische Schusswechsel ein, betonte jedoch, die aktiven Kämpfe seien zu Ende. Weil unabhängige Berichte über die Lage fehlen, wächst international die Sorge. 

Den Vereinten Nationen zufolge ist die Situation in Tigray weiter kritisch. Schätzungen zufolge sind nahezu 50.000 Menschen vor der Gewalt aus Äthiopien geflüchtet. Bis zu 500 Personen überquerten die Grenze zum Nachbarland Sudan jeden Tag, teilte UNHCR-Sprecher Babar Baloch in Genf mit. Einige der Flüchtlinge hätten erschütternde Erlebnisse berichtet, nach denen bewaffnete Gruppen sie auf der Flucht ausgeraubt hätten. Die Menschen seien schwach und erschöpft nach einer teils wochenlangen Flucht.

Die UN fordern seit Wochen von der äthiopischen Regierung, den uneingeschränkten Zugang für internationale Helfer zu der Region zu garantieren. Das International Rescue Committee (IRC) teilte am Donnerstag in New York mit, ein Mitarbeiter sei in einem Flüchtlingslager nahe der Stadt Shire getötet worden. Zu den genauen Umständen konnte die Organisation noch keine Angaben machen. Am Dienstag hatte es bereits Berichte gegeben, wonach ein UN-Sicherheitsteam beim Versuch, ein Flüchtlingslager in Tigray zu besuchen, beschossen wurde.

Die Armee der äthiopischen Regierung und die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die die Region bisher kontrollierte, lieferten sich seit Anfang November heftige Kämpfe um die Kontrolle von Tigray. Die Regierung hatte am Montag den Sieg über die TPLF erklärt. Hintergrund des Konflikts ist ein Kampf um Macht und Einfluss, nicht nur in Tigray, sondern auch in der Zentralregierung. Die Tigray-Minderheit hatte im Vielvölkerstaat lange Zeit eine entscheidende Stellung in Politik und Armee, seit dem Machtantritt von Ministerpräsident Abiy Ahmed 2018 hat sie an Einfluss verloren.