Äthiopische Regierung erklärt Sieg über Regionalhauptstadt von Tigray

Frankfurt a.M./Addis Abeba (epd). Die äthiopische Armee hat nach eigenen Angaben die umkämpfte Hauptstadt der Region Tigray eingenommen. Ministerpräsident Abiy Ahmed teilte am Samstagabend in einer Erklärung mit, das Militär habe die 500.000-Einwohner-Stadt Mekele unter seine Kontrolle gebracht. Damit sei die seit Anfang November andauernde Militäroperation im Norden des Landes beendet.

Abiy teilte mit, die Armee habe die Kontrolle über den Flughafen, öffentliche Einrichtungen und die Regionalverwaltung in Mekele übernommen. Das Ziel der Operation sei damit erreicht, und der Wiederaufbau von Tigray könne beginnen. Weil die Telefon- und Internetverbindungen in die Region abgeschnitten wurden, gibt es zunächst keine unabhängige Bestätigung über die Lage in Tigray.

Am Samstag waren Medienberichten zufolge heftige Kämpfe um Mekele ausgebrochen. Ministerpräsident Abiy hatte der Armee befohlen, auf die Regionalhauptstadt vorzurücken, nachdem am Mittwoch ein Ultimatum für die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die die Region bisher kontrollierte, abgelaufen war. Abiy begründete die Militäroffensive gegen die TPLF mit dem Schutz der Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien. 

In Asmara, der Hauptstadt des Nachbarlandes Eritrea, kam es nach Angaben der US-Botschaft am Samstagabend zu sechs Explosionen. Ob diese in Zusammenhang mit den Kämpfen in Tigray standen, war zunächst unklar. Die TPLF hatte in der Vergangenheit bereits Raketen auf Eritrea abgefeuert, weil das Nachbarland die äthiopische Zentralregierung unterstütze.

Die äthiopische Armee hält unterdessen einem Medienbericht zufolge Menschen, die aus der umkämpften Region Tigray in den Sudan fliehen wollen, an der Grenze zurück. In den vergangenen Tagen sei die Zahl der Flüchtlinge dadurch stark gesunken, berichtete der Sender BBC. Menschen würden demnach von Soldaten daran gehindert, den Fluss nahe der sudanesischen Grenzstadt Hamdayet zu überqueren, um Äthiopien zu verlassen. UN-Schätzungen zufolge sind seit dem Ausbruch der Kämpfe in Tigray Anfang November 43.000 Menschen in den Sudan geflohen.

Die Armee der äthiopischen Regierung und die TPLF liefern sich seit Anfang November heftige Kämpfe um die Kontrolle von Tigray. Hintergrund ist ein Streit um die Macht und den Einfluss der Tigray-Bevölkerungsgruppe in der Zentralregierung von Ministerpräsident Abiy. Die TPLF hatte lange Zeit eine starke Stellung in der Staats- und Armeeführung, wurde jedoch nach Abiys Amtsantritt 2018 zurückgedrängt. Ein Auslöser für die Eskalation des Konflikts war die Wahl zum Regionalparlament in Tigray. Abiy hatte alle Wahlen wegen der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Regionalregierung hatte dennoch im September Wahlen abgehalten, die Abiy für ungültig erklärte.