Äthiopien nimmt Dutzende Fahrer von UN-Hilfstransporten fest

Frankfurt a.M./Addis Abeba (epd). Äthiopische Behörden haben Medienberichten zufolge Dutzende Fahrer von UN-Hilfstransporten festgenommen. 72 Fahrer des Welternährungsprogramms (WFP), die Hilfsgüter in den umkämpften Norden des Landes hätten bringen sollen, seien in Semera, der Hauptstadt der Krisenregion Afar, festgenommen worden, berichtete der Sender BBC am Mittwoch unter Berufung auf einen UN-Sprecher. Am Dienstag waren bereits 22 UN-Mitarbeiter in der Hauptstadt Addis Abeba festgenommen worden, von denen sechs seither wieder freigelassen wurden.

Hintergründe zu den Festnahmen gab es zunächst nicht. Die äthiopische Regierung hatte in der Vergangenheit Hilfsorganisationen beschuldigt, Waffen für Rebellen in den Norden des Landes zu transportieren. Beweise dafür gab es nicht. In Nordäthiopien liefern sich Rebellen und Regierungstruppen seit einem Jahr heftige Kämpfe, die eine humanitäre Krise verschärft haben. UN-Schätzungen zufolge leiden rund 400.000 Menschen in der an Afar grenzenden Region Tigray unter einer Hungersnot. Der äthiopischen Regierung wird vorgeworfen, die Lieferung von Hilfsgütern zu blockieren.

Kämpfer der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) haben in Äthiopien laut Menschenrechtlern mehrere Frauen missbraucht. Die Rebellen hätten in der Region Amhara Frauen vergewaltigt, gedemütigt und rassistisch beleidigt, erklärte Amnesty International am Mittwoch in Berlin anlässlich der Veröffentlichung eines Berichts. Die TPLF liefert sich seit einem Jahr heftige Kämpfe mit der äthiopischen Regierungsarmee. Der Konflikt hat sich inzwischen auf die Region Amhara ausgeweitet.

Für den Bericht hat die Menschenrechtsorganisation nach eigenen Angaben mehrere Frauen befragt. Demnach haben TPLF-Kämpfer die Vergewaltigungen als Racheakte für von äthiopischen Soldaten in Tigray verübte sexuelle Gewalt bezeichnet. Amnesty hatte im September berichtet, dass Soldaten der äthiopischen Regierungsarmee sexuelle Gewalt als Kriegswaffe einsetzen. „Das Ausmaß der Brutalität auf allen Seiten des Konfliktes ist verstörend“, erklärte die Afrika-Expertin der deutschen Sektion von Amnesty, Franziska Ulm-Düsterhöft.

Auslöser des Bürgerkriegs in Äthiopien war ein Streit zwischen Zentral- und Regionalregierung in Tigray um die Macht in der nordäthiopischen Region. In den vergangenen Wochen eroberten Rebellen der TPLF nach eigenen Angaben mehrere Städte und bewegten sich auf die Hauptstadt Addis Abeba zu. Die Regierung hat den Notstand verhängt. Laut UN hungern bis zu 400.000 Männer, Frauen und Kinder in Tigray.