Ärztin, Politikerin und Kämpferin für sichere Abtreibung

Als junge Frauenärztin erlebte Eunice Brookman-Amissah, wie eine 14-jährige Patientin durch eine stümperhafte Abtreibung starb. Seitdem setzt sie sich für das Recht afrikanischer Frauen auf sichere Abtreibungen ein.

Brüssel/Stockholm (epd). Amina soll der Name des Mädchens gewesen sein, das aus der Medizinerin Eunice Brookman-Amissah auch eine Politikerin und Aktivistin machte. Anfang der 1990er-Jahre arbeitete die Ghanaerin, die am Donnerstag mit dem Alternativen Nobelpreis geehrt wurde, als Frauenärztin in der Hauptstadt Accra. Die Tochter einer befreundeten Familie hatte sie seit Jahren behandelt. Nun war die 14-jährige Amina schwanger und fragte nach einer Abtreibung. Die Ärztin - konservativ erzogen - wollte den Eingriff nicht vornehmen.

Einige Tage später, so erzählte Brookman-Amissah es der amerikanischen Journalistin Michelle Goldberg, sei Aminas Beerdigungsprozession an ihrer Praxis vorbeigezogen. Das Mädchen war an den Folgen einer stümperhaften Abtreibung gestorben. Dieses Erlebnis, sagt Brookman-Amissah, habe sie und ihr Leben verändert.

Sie begann, sich für den Zugang zu sicheren Abtreibungen einzusetzen. Ende der 1990er-Jahre war sie Gesundheitsministerin Ghanas, später Botschafterin des Landes in den Niederlanden, dann viele Jahre Vizepräsidentin der Hilfsorganisation Ipas in Afrika. Die Gesundheit von Frauen, deren reproduktive Rechte und der bis dahin tabuisierte Zugang zu sicheren Abtreibungen wurden ihr Lebensthema.

Am Donnerstag, dem internationalen Tag für das Recht auf sichere Abtreibung, wurde Eunice Brookman-Amissah dafür mit dem Ehrenpreis der Alternativen Nobelpreise ausgezeichnet. In Mosambik und Sierra Leone, in Benin, Eswatini und Kenia habe sie den Anstoß dafür gegeben, restriktive Abtreibungsgesetze zu überarbeiten, würdigte die Jury ihr Engagement. Sie habe ein Netzwerk der wichtigsten Interessengruppen geschaffen, Konferenzen organisiert und sei dafür verantwortlich, dass der Internationale Hebammenverband seine Haltung zu Abtreibungen geändert habe. Auch in Ghana und Sambia, in Malawi, im Senegal und auf Mauritius habe sie die erstmalige Verabschiedung von Abtreibungsgesetzen angestoßen.

Die Risiken, denen Frauen in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara bei Schwangerschaftsabbrüchen ausgesetzt sind, sind laut dem US-amerikanischen Guttmacher-Institut höher als in jeder anderen Region der Welt. Drei von vier Eingriffen sind demnach unsicher. 15.000 vermeidbare Todesfälle pro Jahr führt das Institut in der Region auf Abtreibungen zurück, die unter schlechten Bedingungen durchgeführt wurden.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) enden mehr als die Hälfte aller ungewollten Schwangerschaften mit einer Abtreibung. Rund 45 Prozent der Abbrüche würden unter unsicheren Bedingungen vorgenommen, 97 Prozent davon in Entwicklungsländern. Weltweit bleiben Abtreibungen umstritten, wie sich im Wahlkampf in den USA ebenso zeigt wie in Polen, wo die Eingriffe 2020 nahezu vollständig verboten wurden.

In Afrika hat Eunice Brookman-Amissah nach Überzeugung der Jury des „Right Livelihood Awards“, wie der Alternative Nobelpreis offiziell heißt, eine entscheidende Rolle dabei gespielt, den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen für Frauen zu verbessern. Sie sei dankbar, sagte Brookman-Amissah, dass durch die Auszeichnung das Bewusstsein für die dramatischen Folgen unsicherer Abtreibungen geschärft werde. „Denn es bleibt selbst im 21. Jahrhundert noch ein kontroverses Thema.“