Absagen wegen Ausschluss von Palästinenser-Ausstellung auf Kirchentag

Nürnberg/Fulda (epd). Konrad Raiser, früherer Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), sowie der „taz“-Journalist Andreas Zumach haben ihre Teilnahme am Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni in Nürnberg abgesagt. Er werde nicht an der geplanten Podiumsdiskussion teilnehmen, schrieb Zumach in einem offenen Brief, weil das Kirchentagspräsidium den Beschluss bekräftigt habe, die Ausstellung „Nakba - Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“ nicht auf dem Kirchentag zu zeigen.

Auch Raiser habe seine Einladung als Ehrengast am Kirchentag abgelehnt, bestätigte Kirchentags-Sprecherin Milena Vanini am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er habe „mehrere unterschiedliche Gründe für diese Entscheidung genannt, einer davon war die Nakba-Entscheidung“, erläuterte Vanini. Man habe seine Absage mit Bedauern zur Kenntnis genommen.

Mit „Nakba“, arabisch für Katastrophe oder Unglück, ist die Flucht und Vertreibung palästinensischer Bevölkerungsteile im Laufe des Ersten Nahostkrieges gemeint. Beantragt hatte die Ausstellung der Verein „Flüchtlingskinder im Libanon“. Der Verein ist nach Angaben von Kirchentags-Sprecherin Milena Vanini für den Markt der Möglichkeiten zugelassen. Es gebe für den Kirchentag 2023 jedoch die Einschränkung, dass die Nakba-Ausstellung nicht gezeigt werden soll.

Eine Gruppe prominenter Christen hatte diese Entscheidung bereits im Februar in einem Brief kritisiert. Der Brief trug unter anderen die Unterschriften von Konrad Raiser und seiner Ehefrau Elisabeth Raiser, der evangelischen Präsidentin des ersten Ökumenischen Kirchentages 2003 in Berlin. Als weitere Unterzeichner wurden der Erfurter Altpropst Heino Falcke sowie die Theologinnen Almuth Berger und Ruth Misselwitz genannt.

Das Kirchentags-Präsidium bekräftigte seine Entscheidung am 10. März mit der Begründung, dass die Ausstellung, die in früheren Jahren bereits auf Kirchentagen gezeigt wurde, „in ihrer Einseitigkeit seit Jahren überarbeitungsbedürftig“ und „diese Überarbeitung bisher schuldig geblieben“ sei. Die Ausstellung in dieser Form „schließt die Diskussion mehr als dass sie sie öffnet“.

Zumach kritisiert in seinem aktuellen Brief fehlende Belege für diese Begründung und die „dialogfeindliche und selbstherrliche Art“ des Kirchentagspräsidiums. Mit dem Beschluss zum Verbot der Ausstellung falle das Präsidium „allen Menschen in den Rücken, die sich in Israel/Palästina und in Deutschland seit Jahrzehnten für eine menschenrechts- und völkerrechtskonforme Friedenslösung des israelisch-palästinensischen Konflikts einsetzen“, schreibt Zumach.

Zum 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag vom 7. bis 11. Juni 2023 erwarten die Veranstalter rund 100.000 Gäste in Nürnberg. Er steht unter der Losung „Jetzt ist die Zeit“, ein Zitat aus dem Markus-Evangelium.