Aachener Friedenspreis thematisiert Rüstungsexporte

Aachen (epd). Die jemenitische Nichtregierungsorganisation Mwatana for Human Rights und der Tübinger Anwalt Holger Rothbauer sind am Donnerstagabend mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet worden. Die Verleihung der jeweils mit 2.000 Euro dotierten Auszeichnungen fand nach zwei Jahren mit pandemiebedingten Terminverschiebungen erstmals wieder turnusgemäß am 1. September statt, dem Internationalen Antikriegstag.

Mit seinen auf das Informationsfreiheitsgesetz gestützten Klagen poche Rothbauer auf Herausgabe von Informationen und schaffe so Transparenz für die Öffentlichkeit, hieß es in der Begründung. Mit der systematischen juristischen Aufarbeitung leiste er „einen wichtigen Beitrag dazu, dass vermeintlich unangreifbare Personen aus Industrie und Politik persönliche Konsequenzen fürchten müssen“. So habe er etwa erfolgreich gegen illegale Waffengeschäfte von Heckler & Koch und Sig Sauer geklagt.

Mwatana setzt sich seit 2007 gegen Menschenrechtsverletzungen im von Konflikten zerrissenen Jemen ein. Dort kämpft die Regierung gegen die schiitischen Huthi-Rebellen. Die Aufständischen werden vom Iran unterstützt, die Regierung von einem Militärbündnis unter Führung Saudi-Arabiens. In sozialen Medien, Filmen, Broschüren und Radiokampagnen schärfe die Organisation das Bewusstsein der Menschen für ihre Rechte und ermutige sie zu menschenrechtlichem Engagement, erklärte der Friedenspreis-Verein.

„Über die beiden Preisträger zu reden heißt, über Rüstungsexporte zu reden“, erklärte Wolfgang Kaleck, der Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), in seiner schriftlichen Laudatio, die verlesen wurde. Das Engagement von Mwatana solle als Beispiel dienen: „Eine Organisation im Jemen, die in einem laufenden Krieg, in dem Menschenrechtsverletzungen ohne Ende begangen werden, Beweise für eben solche sammelt, das ist mutig, das ist beeindruckend.“

Wo in den Kriegsgebieten dieser Welt Waffen aus dem Westen für Verbrechen eingesetzt würden, „muss es Menschen wie Holger Rothbauer in den waffenproduzierenden Ländern geben, die diese Beweise nutzen und hier Gerichtsverfahren anstrengen“, betonte Kaleck. Der Menschenrechtsanwalt setze sich seit Jahrzehnten für die von Rechtsverletzungen deutscher Unternehmen betroffenen Menschen ein. „Es bedarf Einzelgänger wie ihn, die Ungerechtigkeiten vor Gericht zu bringen.“

Rothbauer sagte in seiner Dankesrede, er habe viel positive Resonanz erhalten. „Das ist wichtig, weil man so mit dem Preis Druck machen kann für ein Rüstungssexport-Kontrollgesetz.“ Auch Nona al Hossini und Osamah al Fakih von Mwatana sehen in dem Preis eine Unterstützung ihrer Arbeit. „Es zeigt uns, dass es in anderen Ländern Menschen gibt, die sich um das Schicksal der Menschen im Jemen kümmern“, erklärten sie.

Lea Heuser vom Vorstand des Aachener Friedenspreises verwies auf die Aktualität des Themas Rüstungsexporte angesichts des Kriegs in der Ukraine. „Wir akzeptieren selbstverständlich die souveräne Entscheidung der Ukraine, sich gegen den völkerrechtswidrigen und von nationalistischem Denken Putins geprägten Überfall zu wehren“, betonte sie. „Aber natürlich können Waffen und ihr Export keinen Frieden schaffen.“

Die Rüstungskonzerne, die heute von der massiven Finanzspritze an die Bundeswehr profitieren, seien die gleichen, die an anderer Stelle illegal Waffen etwa nach Kolumbien oder Mexiko exportierten. „Aufrüstung ist die falsche Antwort“, sagte Heuser. „Wir brauchen die Stärkung ziviler Konfliktlösungen und mehr Unterstützung Geflüchteter, politisch Verfolgter und auch Desertierter.“

Der Aachener Friedenspreis wird seit 1988 an Frauen, Männer oder Gruppen verliehen, die von „unten her dazu beitragen, der Verständigung der Völker und der Menschen untereinander zu dienen sowie Feindbilder ab- und Vertrauen aufzubauen“, wie es in der Gründungserklärung des Trägervereins heißt. Erste Träger des renommierten Friedenspreises waren 1988 die evangelischen Pfarrer Werner Sanß und Jutta Dahl, die mit Sitzblockaden vor Nato-Stützpunkten gegen die sogenannte Nachrüstung protestierten.