Holocaust-Gedenktag: Scholz ruft zur Verteidigung der Demokratie auf

Die Demokratie ist stark, "wenn wir sie unterstützen": Zum Holocaust-Gedenktag würdigt Bundeskanzler Scholz die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Die deutsche Demokratie gründe auf dem Bekenntnis des "Nie wieder", sagte er.

Hannover/Berlin (epd). Zum Holocaust-Gedenktag haben Vertreter aus Politik und Kirche dazu aufgerufen, die Demokratie gegen Angriffe zu verteidigen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in seiner am Samstag veröffentlichten Video-Botschaft, Demokratie sei nicht gottgegeben, sie sei menschengemacht: „Sie ist stark, wenn wir sie unterstützen.“ Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, sagte, engagierte Bürgerinnen und Bürger sowie eine entschlossene Zivilgesellschaft seien „die besten Bollwerke gegen Fanatismus“.

Scholz erinnerte in seiner Videobotschaft daran, dass vor 79 Jahren das Vernichtungslager Auschwitz von der Roten Armee befreit wurde. Am 27. Januar „gedenken wir der Millionen Opfer des Nationalsozialismus“, sagte Scholz: „Jüdinnen und Juden, aber auch Sinti und Roma, Homosexuelle, Menschen mit Behinderungen, Kriegsgefangene, politisch Verfolgte. Unsere Verantwortung für dieses von Deutschen begangene Menschheitsverbrechen, die bleibt.“ Die deutsche Demokratie gründe auf einem zentralen Bekenntnis: „Nie wieder“.

„Nie wieder“ richte sich nicht nur an den Staat. „Nie wieder“ fordere auch die Wachsamkeit aller, betonte Scholz. Er begrüßte die Demonstrationen gegen den Rechtsextremismus. „Das tut gut“, sagte er. Er appellierte an die Bevölkerung, sich auch abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit für Zusammenhalt und Miteinander einzusetzen.

Auch die amtierende EKD-Ratsvorsitzende Fehrs gedachte der Opfer des Nationalsozialismus. „Es geht um die Trauer über Leid und Verlust, also den Blick zurück“, sagte die Hamburger Bischöfin. „Wir erschrecken noch immer über den Willen zur massenhaften Vernichtung menschlichen Lebens, von Kultur und Glaube, vor allem jüdischer Menschen, aber auch vieler anderer Gruppen.“

In die Trauer mische sich auch das Entsetzen, dass die damalige Gesellschaft diese Schreckensherrschaft nicht aufgehalten hat. „Auch den meisten Christinnen und Christen fehlte Wille, Kraft und Mut, um aufzustehen und gegen das Nazi-Regime aufzubegehren. Das beschämt bis heute“, sagte Fehrs und dankte den Hunderttausenden Menschen, die in den vergangenen Wochen in Deutschland gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen sind.

Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Seit 1996 ist der 27. Januar in Deutschland offizieller Gedenktag für die Opfer des Holocaust, seit 2005 auch internationaler Gedenktag.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, mahnte neuen Formen für das Holocaust-Gedenken an. „Wir müssen neue Formate finden, um die breite Bevölkerung und insbesondere die junge Generation emotional anzusprechen“, sagte Klein den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Es gebe nur noch wenig Überlebende der NS-Gewaltherrschaft, die persönlich Zeugnis ablegen könnten.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) forderte die Schulen auf, das Gedenken an den Holocaust lebendig zu halten. Dafür seien „engagierte Lehrkräfte und zeitgemäße Zugänge wie durch soziale Medien zentral“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Gegen Antisemitismus und Judenhass vorzugehen, sei „leider aktueller und notwendiger denn je“, sagte Stark-Watzinger.