Friedensbildung und ZKB im Inland als Aufgabe für die Kirche

Angesichts der Sorge um den gesellschaftlichen Frieden verpflichtete sich die EKD-Synode 2019 in Dresden in ihrer Kundgebung „Kirche auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens“ dazu, Initiativen im Bereich der Friedenspädagogik, der zivilen Konfliktbearbeitung und der politischen Bildung zu unterstützen und forderte zudem einen Ausbau der Friedens- und Demokratiebildung in Schulen und Bildungseinrichtungen. Die EKD-Synode 2021 unterstrich diese damalige Selbstverpflichtung nachdrücklich: „Wir verpflichten uns, Initiativen im Bereich der Friedenspädagogik, zivilen Konfliktbearbeitung und der politischen Bildung zu unterstützen und dabei gerade dem politischen Engagement, den Kompetenzen und Anliegen junger Menschen Raum zu geben.“

Die Praxis der Friedenspädagogik und die zivile Konfliktbearbeitung, das sind wichtige Arbeitsfelder sowohl der EKD-Gliedkirchen wie auch der Mitglieder der AGDF. Bei einer gemeinsamen Studientagung von AGDF und EAK in Fulda ging es zum einen um einen um einen Erfahrungsaustausch, zum anderen darum, gemeinsam zu schauen, welche Perspektiven, Herausforderungen und Erwartungen es hinsichtlich der Friedensbildung und der zivilen Konfliktbearbeitung im Inland gibt.

„Friedensbildung und zivile Konfliktbearbeitung sind wichtige Themen für die evangelische Kirche“, unterstrich beim Studientag der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Friedrich Kramer. Es sei wichtig, eine Diskussionskultur zu lernen und zu pflegen, mit Respekt und nicht mit Beschimpfungen Konflikte auszutragen. „Das ist auch unsere Aufgabe als Kirche. Das ist nicht leicht, aber erforderlich“, so der EKD-Friedensbeauftragte. Gerade angesichts der Konflikte in der Welt gewinne die zivile Konfliktbearbeitung eine große Bedeutung, zeigte sich Landesbischof Friedrich Kramer überzeugt. „Es ist wichtig, dass wir Konflikte friedlich lösen, Krieg und Gewalt muss die absolute Ausnahme sein“, machte der EKD-Friedensbeauftragte deutlich.

Der aktuelle Krieg gegen die Ukraine, aber auch der angekündigte „heiße Herbst“ mit den Protesten gegen Corona-Maßnahmen, die Inflation oder die Russland-Sanktionen und um die soziale Frage würden deutlich machen, wie wichtig diese Fragen seien und dass hier eine ehrliche Bestandsaufnahme nötig sei, betonte AGDF-Geschäftsführer Jan Gildemeister. Dies wolle der Studientag leisten. Damit war der Rahmen gesetzt.

Dr. Dorothee Godel vom Kirchenamt der EKD betonte, dass es verschiedene Orte von Friedensbildung geben würde, angefangen vom Religionsunterricht über die Konfirmandenarbeit, die Arbeit in der Kirchen- wie auch der kommunalen Gemeinde sowie natürlich auch in der Gesellschaft. Hier sei eine biblische theologische Einordnung, Begründung und Ausrichtung der Friedensbildung nötig.

Die gleichen Orte gebe es aber auch für die Zivile Konfliktbearbeitung, unterstrich Dorothee Godel. Dies betreffe nicht nur die Arbeit im Ausland, sondern auch im Inland, betonte sie und verwies auf das im Entstehen begriffene Demokratiefördergesetz oder die Konzepte eines kommunalen Konfliktmanagements.

Angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine werde sich die Zivile Konfliktbearbeitung allerdings unausweichlich auch auf eine Verbindung von militärischen und zivilen Mitteln und Methoden der Konfliktbearbeitung einlassen müssen, machte die Referentin im EKD-Kirchenamt deutlich. Hilfreich wären hier Konzepte, Formate oder Handlungsoptionen, die die friedensethischen Herausforderungen eines Angriffskrieges und den Umgang damit reflektieren, bearbeiten und berücksichtigen.

Zivile Konfliktbearbeitung im Inland und Friedensbildung spielen schon lange eine wichtige Rolle sowohl in der landeskirchlichen Friedensarbeit wie auch in den Mitgliedsorganisationen der AGDF. Dies zeigte der Studientag in Fulda deutlich.

„Friedensbildung und Konfliktbearbeitung sind bei der landeskirchlichen Friedensarbeit eng miteinander verbunden“, betonte Julika Koch, Referentin für Friedensbildung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Friedensbildung bedeute, die Friedensfähigkeit von Menschen anzuerkennen und zu fördern sowie Formen ihrer kreativen Verwirklichung aufzuzeigen und gemeinsam zu entwickeln, machte sie deutlich, wobei Julika Koch darauf hinwies, dass in den einzelnen Landeskirchen die Friedensbildung ganz unterschiedlich organisiert sei. „Eine Plattform für den Austausch in diesem Bereich ist die EAK, wo aber auch gemeinsame Projekte wie ,local Peace´ erarbeitet werden“, so Julika Koch, die dem EAK-Vorstand angehört.

„Friedensbildung ist ein zentrale und vielfältige Friedensarbeit in der AGDF“, unterstrich Bernd Rieche in Fulda. Dabei gehe es, individuell wie soziopolitisch, um Konfliktkompetenz vom Kindergarten an, für Multiplikatoren, in Ausbildungen, an Universitäten bis hin dazu, zum Handeln für den Frieden zu befähigen. „Hier gibt es viele Beispiele wie das WIR-Projekt in Nürnberg, die Mediationsausbildung, Ausbildungen in gewaltfreier Konfliktbearbeitung, das Campa Peace als Grundkurs, bei eFeF für ehemalige internationale Freiwillige als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren oder das Planspiel Civil Powker“, so der AGDF-Referent. In der AGDF beschäftigt sich der Fachbereich II mit der Friedensbildung, es bestehen zahlreiche Netzwerke auf Bundes- wie auf regionaler Ebene.

Die Grenzen zwischen Friedensbildung und ziviler Konfliktbearbeitung im Inland seien in der landeskirchlichen Friedensarbeit oft fließend, erläuterte Stefan Maaß, der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Baden. In Bayern würde es mit Kokon hier eine spezielle Arbeit im Bereich der Gemeindeberatung geben, in anderen Landeskirchen gehöre die Konfliktbearbeitung oft zu Aufgabenbereichen in anderen Dezernaten als das Thema Frieden, zum Beispiel das Quartiersmanagement. „Als Friedensbeauftragte werden wir aber immer wieder auch bei Konflikten in Gemeinden oder Gruppen angefragt oder eingebunden“, so Maaß, der deutlich macht: „Dies hat dann ganz konkret auch mit Konfliktbearbeitung zu tun.“

„Zivile Konfliktbearbeitung im In- wie im Ausland ist in der AGDF fest verankert“, unterstrich deren stellvertretender Vorsitzender Christof Starke. Dies geschehe in vielfältiger Form sowohl auf Bundesebene wie auch in lokalen Projekten, erläuterte er und verwies auf einen moderierten Dialog in Halle an der Marktkirche zu einem Transparent „Impfen ist Nächstenliebe“. Ebenso gebe es aber auch die solidarische Arbeit mit einem der Konfliktpartner wie der Unterstützung von Menschen, die von Hassbotschaften im Internet verfolgt werden, oder in Bündnissen gegen Rechtsextremismus. Und schließlich gehe es um die Qualifizierung zum Umgang mit Konflikten, so Christof Starke, der auch Geschäftsführer des Friedenskreises Halle ist.

Diese vielfältige und umfangreiche Friedensarbeit zu stärken sei eine wichtige und nötige Aufgabe, waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studientagung überzeugt. So sprachen sie sich dafür aus, die Friedensbildung stärker institutionell zu verankern und die bestehenden Netzwerke in einigen Bundesländern bundesweit zu etablieren, um die bestehenden Strukturen hier auch besser zu vernetzen. Angeregt wurde in der Friedensbildung die Schaffung einer Koordinierungsstelle auf kirchlicher Ebene, eine Imagekampagne und auch ein Online-Portal mit entsprechenden Angeboten und Informationen zur Friedensbildung.

„Demokratie braucht den konstruktiven Umgang mit Konflikten“, betonte die Studientagung mit Blick auf die zivile Konfliktbearbeitung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer warnten davor, dass ungelöste Konflikte in der Gesellschaft radikale Antworten anschlussfähiger machen würden und dass angesichts einer konflikthafter werdenden Gesellschaft Konflikte gestaltet werden müssten, statt zu warten, dass sie vorüber gingen. Beim Studientag gab es hier Vorschläge zur Schaffung von Dialogräumen, wo Konflikte gewaltfrei in geschütztem Rahmen ausgetragen werden könnten. Auch müsse die Konfliktbearbeitung in das neue Demokratiefördergesetz Eingang finden.

„Es gibt nicht DIE Friedensbildung oder DIE Friedenspädagogik, sondern es sind Sammelbegriffe für sehr vielfältige Arbeitsbereiche“, machte Karen Hinrichs, die geschäftsführende Direktorin des Friedensinstituts an der Evangelischen Hochschule Freiburg, in Fulda deutlich. Gerade die in der AGDF und der EAK vertretenen Organisationen würden dabei deutlich machen, wie bunt die Friedensbildungsarbeit allein im Raum der Kirchen ist.

„Die Vielfalt in der Friedensbildung ist zu stärken“, unterstrich Dr. Dorothee Godel vom Kirchenamt der EKD in Fulda. Und auch die zivile Konfliktbearbeitung sei als kirchliche Kernkompetenz auszubauen, war sie überzeugt. Und Jan Gildemeister, der AGDF-Geschäftsführer, betonte: „Hier in Fulda gab es viele wichtige Anregungen und Gedanken, mit denen wir uns zu beschäftigen haben.“

Nochmals Landesbischof Friedrich Kramer, der EKD-Friedensbeauftragte: „Wir haben hier sehr viele Arbeitsfelder, denen wir uns widmen müssen. Krieg und Konflikt dürfen nicht normal werden“, macht er deutlich. Dies werde auch auf der kommenden EKD-Synode in Magdeburg eine wichtige Rolle spielen, gab er sich überzeugt. „Wir sollten hier auch dafür werben, dass für die Friedensarbeit eine feste strukturelle Verankerung und ebenso entsprechende finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden“, so der EKD-Friedensbeauftragte.