Neuer Militärbischof der EKD ins Amt eingeführt

Wittenberg (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat ihren neuen Militärbischof Bernhard Felmberg mit einem Gottesdienst offiziell ins Amt eingeführt. In der Wittenberger Stadtkirche wurde ihm am Donnerstag das Amtskreuz übergeben. Felmberg hatte das Amt zum 1. Oktober angetreten. Er ist der zweite hauptamtliche Militärbischof der EKD und als dieser zuständig für die rund 100 evangelischen Militärpfarrer und -pfarrerinnen bei der Bundeswehr.

In seiner Predigt sagte Felmberg, dass die Kirche bei denen sei, "die uns brauchen". Soldatinnen und Soldaten gäben der Kirchliche Friedensarbeit Einblicke in die Seele, in der Hoffnung, dass sich seelische Wunden zu schließen beginnen und innere Verletzungen heilen können. Kirchliche Friedensarbeit heiße zudem, durch die Begleitung in Auslandseinsätzen etwa in Mali oder Afghanistan "die pastorale Komfortzone" zu verlassen.

"Menschen zu helfen, dass sie auch in schwierigen Herausforderungen keinen Schaden an der Seele nehmen, sich richtig ausrichten, Zeit haben, Erfahrungen zu verarbeiten, darin liegen Kernaufgaben der Evangelischen Seelsorge in der Bundeswehr", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Grußworte überbrachten bei der Einführung zudem der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, und der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck. Auch die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) war unter den Gästen.

Felmberg war bis 2016 Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Union. Nach Kritik an seiner Lebensführung schied er bei der EKD aus und wechselte ins Bundesentwicklungsministerium, wo er zuletzt als Abteilungsleiter tätig war.

In einem Gespräch mit dem epd sagte der 55-Jährige, Kirchliche Friedensarbeit biete die Chance für ein Best-Practice-Modell evangelischen Handelns. "Wir leben ein sehr intensives Kirche-Sein", sagte er mit Verweis auf den engen Kontakt von Seelsorgern und Soldaten beispielweise in Auslandseinsätzen. Das sei schon etwas Besonderes.

Er warnte vor dem Hintergrund der Spardiskussionen der evangelischen Kirche vor Einsparungen. Man dürfe nicht mit dem Rasenmäher vorgehen, sagte Felmberg. Gleichzeitig sei die Militärsseelsorge zu Einsparungen "im Rahmen ihrer Möglichkeiten" bereit. 

Mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) sprach der 55 Jahre alte Theologe darüber, welchen Eindruck er bisher vom Aufgabenfeld hat, warum Kirchliche Friedensarbeit in seinen Augen ein "intensives Kirche-Sein" ist und was er von der Idee für ein Dienstjahr hält. 

epd: Nach etlichen Jahren im Entwicklungsministerium kehren Sie als Militärbischof zur evangelischen Kirche zurück. Wie fühlen Sie sich? 

Bernhard Felmberg: Die erste Antwort lautet: Ich war nie weg. In den vergangenen sieben Jahren habe ich als ehrenamtlicher Pfarrer etliche Gottesdienste gehalten, 40 bis 50 in jedem Jahr, seien es Familiengottesdienste im Berliner Grunewald, Stadiongottesdienste bei Hertha BSC, Taufen, Trauungen und Beerdigungen.  

epd: Und die zweite Antwort? 

Felmberg: Natürlich ist es jetzt noch einmal ein Wechsel in eine neue kirchliche Leitungsposition. Und obwohl es mir Entwicklungsministerium sehr, sehr gutgegangen ist, habe ich die Herausforderung gerne angenommen. Denn wir können in der Kirchliche Friedensarbeit viel Gutes für unsere Kirche bewirken. 

epd: Wie meinen Sie das? 

Felmberg: Kirchliche Friedensarbeit bietet die Chance für ein Best-Practice-Modell evangelischen Handelns. Wir leben ein sehr intensives Kirche-Sein. Die Militärpfarrerinnen und -pfarrer sind eng zusammen mit jenen, denen sie anempfohlen sind, den Soldatinnen und Soldaten. Bei Auslandseinsätzen und besonders auf Schiffen der Marine leben sie auf engstem Raum zusammen, bisweilen vier Monate am Stück oder noch länger. Seelsorge, den gemeinsamen Glauben leben, Verkündigung geschehen in einem intensiven Beisammensein, das ist schon etwas Besonderes. 

epd: Stellt das besondere Anforderungen? 

Felmberg: Natürlich, das seelsorgerliche Profil von Militärgeistlichen muss stark ausgeprägt sein. Militärpfarrerinnen und -pfarrer brauchen zudem eine besondere Mentalität, sich auf die Bedingungen ihrer Arbeit bei der Bundeswehr einzulassen. Ich will mich dafür einsetzen, dass uns von den Landeskirchen weiterhin ausreichend gutes Personal zur Verfügung gestellt wird und wir auch eine gute Mischung von erfahrenen und jungen Kolleginnen und Kollegen haben.  

epd: Heißt das, die Kirchliche Friedensarbeit muss von den Sparanstrengungen in der evangelischen Kirche ausgenommen werden? 

Felmberg: Wir dürfen nicht mit dem Rasenmäher vorgehen und überall sparen, sondern müssen darüber reden, wo es sinnvoll ist und wo nicht. Wir sollten Stärken stärken und zugleich sehen, was sich im evangelischen Bereich nicht mehr lohnt. Das muss sehr differenziert angeschaut werden. Und natürlich ist auch die Kirchliche Friedensarbeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu Einsparungen bereit. 

epd: In der Corona-Krise hilft auch die Bundeswehr den vielerorts überforderten Gesundheitsämtern. Manche sehen das kritisch, lehnen Unterstützung ab. Können Sie das verstehen? 

Felmberg: Soweit ich das beurteilen kann, sind die meisten Behörden für die Hilfe der Bundeswehr sehr dankbar, auch wenn es in Berlin den einen oder anderen Bezirk gibt, der das anders sieht. Ich halte es für völlig normal und sinnvoll, wenn die Bundeswehr in zivilen Krisenzeiten hilft. Hilfe der Bundeswehr unter anderem bei Hochwasser-Katastrophen hat sicher dazu beigetragen, dass ihr Ansehen in der Bevölkerung gestiegen ist.  

epd: Die Bundeswehr geriet zuletzt unter anderem wegen rechtsextremistischer Umtriebe im Kommando Spezialkräfte in die Schlagzeilen. Sehen Sie da für sich eine Aufgabe?  

Felmberg: Das ist weniger ein Aufgabenfeld für die Seelsorge, denn für den lebenskundlichen Unterricht, den die Militärgeistlichen in der Bundeswehr leisten. Der Freiraum zur ethischen Diskussion muss genutzt werden, um deutlich zu machen, für welche Werte die Bundesrepublik Deutschland steht. Wir können dort als Kirche einwirken. Gerade wenn es um ethische Fragestellungen und Persönlichkeitsbildung geht, sind Dienstvorgesetzte im Unterricht oft nicht die geeigneten Gesprächspartner. Kirchliche Friedensarbeit kann hier einen wichtigen Freiraum außerhalb der militärischen Hierarchie bieten. 

epd: Werden Sie das auch in Ihren Gesprächen mit den Kirchliche Friedensarbeitrn vor Ort besprechen? Dass sie von den mehr als 1.000 vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) seit 2017 registrierten Verdachtsfällen nichts mitbekommen haben, ist doch schwer vorstellbar.

Felmberg: Sicher werde ich das ansprechen. Für die nächsten Wochen ist geplant, die einzelnen Konvente zu besuchen, um dort mit den Pfarrerinnen und Pfarrern unter anderem über den lebenskundlichen Unterricht zu sprechen. Ich telefoniere seit meinem Amtsbeginn täglich mit rund einem Dutzend Militärpfarrern und -pfarrerinnen, um möglichst alle 105 wenigstens einmal kurz am Ohr gehabt zu haben. Dabei geht es aber eher um einen ersten Eindruck über ihre Arbeit vor allem jetzt in der Corona-Zeit.  

epd: Ihr Amtsvorgänger Sigurd Rink hat die Abschaffung der Wehrpflicht immer wieder kritisch kommentiert. Er sprach von "neuen Söldnern". Teilen Sie die Kritik?

Felmberg: Ich glaube, dass die Aussetzung der Wehrpflicht momentan politisch nicht zur Disposition steht. In einer Berufsarmee werden aber die schon angesprochenen Dinge eben noch viel wichtiger: lebenskundlicher Unterricht, innere Führung, ethische Bildung. Sie müssen verpflichtender Bestandteil der Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten sein. Es geht bei der Bundeswehr nicht nur um die besten Geräte, sondern auch um die besten Werte.  

epd: Die CDU-Vorsitzende und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich für ein Dienstjahr - abzuleisten in der Bundeswehr oder im sozialen Bereich - stark gemacht. Was halten Sie von der Idee? 

Felmberg: Mir ist wichtig, dass es bei der Freiwilligkeit bleibt. Freiwilligkeit ist die Voraussetzung dafür, dass man Menschen bekommt, die sich für das, wohin sie gehen, auch wirklich interessieren. Das kann auch die Bundeswehr sein. Aber ich bin gegen eine Pflicht. 

epd: Verteidigungspolitiker stehen derzeit vor einer schwierigen ethischen Debatte über den Einsatz bewaffneter Drohnen. Wie stehen Sie dazu? 

Felmberg: Für mich ist wichtig, dass am Ende kein Algorithmus und keine Maschine darüber entscheiden darf, ob es zu einem Einsatz von Waffen kommt. Wir brauchen eine Situationssensibilität und Empathie, die am Ende zu einer Entscheidung führen. Diese Entscheidung ist dem Menschen vorbehalten.  

epd: Es geht ja auch um die Frage, ob der Mensch vor Ort oder Tausende Kilometer entfernt entscheidet. Hat das Einfluss auf die Empathie? 

Felmberg: Ich antworte mit einer Frage: Haben wir den Eindruck, dass es in den Jahrhunderten, in denen sich Menschen mit Waffen direkt gegenüberstanden, ethisch besser zuging? Oder dass weniger Gewalt zum Einsatz kam? Ich habe da Zweifel. Es zeigt aber, welche Breite diese Diskussion hat, die nach meiner Meinung international und national noch tiefgreifender geführt werden muss, als es bislang der Fall ist. 

epd: Sie sind in West-Berlin groß geworden, haben Theologie studiert und sind so der Wehrpflicht sozusagen entkommen. Hand aufs Herz: Hätten Sie verweigert?

Felmberg: Es stimmt, meine einzigen Erfahrungen damals mit Militär waren Begegnungen mit Alliierten, also Soldaten in französischen, englischen oder amerikanischen Uniformen. Ich möchte im Nachhinein nicht spekulieren, wie ich mich damals entschieden hätte. Ich bin eigentlich nicht der Verweigerungstyp. Genauso weiß ich, was Zivildienstleistende Gutes getan haben. Die Frage ist daher für mich obsolet, weil ich mein Gewissen daraufhin nicht prüfen musste.

Zur Person:

Bernhard Felmberg ist seit dem 1. Oktober evangelischer Militärbischof mit Sitz in Berlin. Der 55-Jährige leitet die Seelsorge bei der Bundeswehr. Rund 100 evangelische Militärpfarrer sind dafür im Einsatz.

Felmberg vertrat von 2009 bis 2013 als Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Positionen der Kirche gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Union. Nach Kritik an seiner Lebensführung schied er bei der EKD aus und wechselte ins Bundesentwicklungsministerium, wo er zuletzt als Abteilungsleiter tätig war.

Der promovierte Theologe ist seit 2006 evangelischer Sportseelsorger bei Hertha BSC Berlin und war von 2010 bis 2014 EKD-Sportbeauftragter. Nach Abitur, Theologie-Studium und wissenschaftlicher Tätigkeit wurde Felmberg im Jahr 2000 zum Pfarrer ordiniert. Von 2000 bis 2002 war er Bundesgeschäftsführer des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK). Im Anschluss leitete er bis zu seinem ersten Wechsel zur EKD in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz die Abteilung für Theologische Aus-, Fort- und Weiterbildung.