Gregor Rehm: Wenn das Lamm neben dem Löwen weidet

Gewalt kann niemals eine Lösung sein - davon ist Gregor Rehm überzeugt. Der Pädagoge, der Friedensbeauftragter der Pfälzer Kirche ist, arbeitet an seinem Lebenstraum: dass eines Tages alle Menschen in Frieden leben können, wie es die Bibel erzählt.

Speyer (epd). Wie man die entsetzlichen Kriege in Nahost und in der Ukraine stoppen kann, weiß Gregor Rehm auch nicht. Aber eines ist dem Friedensbeauftragten der Evangelischen Kirche der Pfalz in Speyer absolut klar: „Keine Form von Gewalt ist jemals gerecht.“ Um die blutigen Waffengänge zu beenden, müssten alle Konfliktparteien miteinander reden und verhandeln, sagt der 39-jährige evangelische Theologe und Pädagoge, der ursprünglich aus Sachsen stammt.

Gregor Rehm, der vor mehr als einem Jahr die Nachfolge des verstorbenen landeskirchlichen Friedensbeauftragten Detlev Besier antrat, hat, auch aus Verantwortung für seine kleine Tochter, eine persönliche Mission: Tag für Tag will sich der gläubige Protestant für ein friedliches Miteinander der Menschen einsetzen. Auch wenn der große Weltfriede eine Utopie bleiben mag und vielleicht erst am jüngsten Tag Schaf und Löwe zusammen weiden werden, wie es in der Bibel heißt.

„Krieg ist abartig und hässlich, Frieden und Versöhnung hingegen sind schön“, sagt Rehm, der sich selbst noch nicht ganz sicher ist, ob er sich einen Pazifisten nennen soll. „Ich glaube an die Macht der Gewaltlosigkeit und sehe, dass überall wo Gewalt eingesetzt wird, sei es auch im besten Willen, eine Eskalationsspirale aus Gegengewalt und Vergeltung entsteht“, führt der Friedensbeauftragte weiter aus.

Rehm, der nebenberuflich als Supervisor und Coach für Kommunikation arbeitet, glaubt fest daran, dass „Frieden möglich“ ist. So hat es Journalist und Autor Franz Alt vor 40 Jahren in seinem gleichnamigen, nicht nur in der Friedensbewegung viel beachteten Buch geschrieben. Deshalb setzt Rehm einen besonderen Schwerpunkt in der Friedensbildung: Er bereist die Kirchengemeinden in der Pfalz und Saarpfalz und hält den Kontakt der Landeskirche zu Friedensgruppen in Rheinland-Pfalz, etwa zur Friedensinitiative Westpfalz in Kaiserslautern.

Im Mittelpunkt seiner Vorträge, seiner Workshops an Schulen oder Weiterbildungen für kirchliche Mitarbeitende steht das Thema Gewaltlosigkeit. „Gewalt wird jede Gewalt steigern“, sagt Rehm. Jesus Christus habe das Beispiel für Gewaltlosigkeit in letzter Konsequenz gegeben und sei diesen Weg bis zum Ende, bis zu seinem Kreuzestod, gegangen: Mit seiner Auferstehung habe der Gottessohn aber letztlich die Spirale der Gewalt durchbrochen.

Das unbedingte Friedensgebot sei ein Kern der christlichen Botschaft, und das Eintreten dafür die ureigene Aufgabe der Kirche, betont Rehm. Diese müsse versuchen, Gesprächsräume zu schaffen, in denen sich Menschen ernsthaft austauschten - etwa in der Diskussion um das Ja oder Nein für deutsche Waffenlieferungen. „Die Sehnsucht nach Frieden teilen alle“, sagt Rehm, der sich stets bei den kirchlichen Aktionstagen für eine atomwaffenfreie Welt am Fliegerhorst Büchel in der Eifel beteiligt. Die auch in Friedensfragen vielstimmige Kirche solle sich als „Bote der Versöhnung“ solidarisch mit allen Opfern von Krieg und Gewalt zeigen, aber nicht parteiisch sein, sagt er.

Auch weiterhin will sich der Friedensbeauftragte vermehrt um Kriegsdienstverweigerer kümmern. Mehr als 150 Personen, darunter Ungediente, Reservisten und Soldaten, habe er bisher telefonisch oder im direkten Gespräch als Seelsorger beraten und begleitet, sagt Rehm: „Seit dem Ukrainekrieg sind die Anfragen explodiert.“ Manche Angehörige der Bundeswehr sowie Reservisten wollten ihren Dienst aus Gewissensgründen quittieren: „Sie erkennen erst jetzt, im Angesicht der Kriege, dass der Soldatenberuf heißt, bereit zu sein, zu töten.“