Bätzing: Es reicht nicht, Antisemitismus nur zu verurteilen

München/Bonn (epd). Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat die diplomatische Zurückhaltung des Vatikans im Ukraine-Krieg und im Nahost-Konflikt kritisiert. „Es gibt Situationen, da ist diese diplomatische Zurückhaltung nicht angemessen“, sagte Bätzing der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag, online).

Er könne die Kritik an Papst Franziskus für dessen Äußerungen zur Ukraine oder der Lage im Nahen Osten nachvollziehen. „Er spricht nicht eindeutig genug darüber, wer der Angreifer war und wo die Ursachen dieses entsetzlichen Leids liegen“, sagte Bätzing. Er wisse, dass die vatikanische Diplomatie in ihrer Vermittlerrolle möglichst alle Gesprächskanäle offen halten wolle. „Aber klare Aussagen helfen den Opfern, dass sie den Kampf nicht aufgeben gegen das Unrecht, das ihnen widerfährt“, sagte der Limburger Bischof.

Papst Franziskus hatte zuletzt im Nahost-Konflikt eine Waffenruhe gefordert. Zwar verurteilt der Papst grundsätzlich Terrorangriffe, aber seine Friedens-Appelle richten sich stets an beide Seiten. Er hatte im November nach einem Treffen mit Palästinensern und Israelis gesagt: „Ich habe gehört, wie beide Seiten leiden. Hier sind wir über den Krieg hinausgegangen. Das ist kein Krieg mehr, das ist Terrorismus.“ Unter anderem dafür war er von der Vereinigung der Rabbiner in Italien kritisiert worden. Schon im Ukraine-Krieg hatte seine Haltung anfänglich zu Kritik geführt, er unterscheide nicht klar genug zwischen Aggressor und Opfern.

Bätzing sagte weiter, es erschrecke ihn, dass es keine Massenbewegung an Solidarität mit Israel gegeben habe, stattdessen sei offener Antisemitismus zutage getreten. „Ich glaube, wir müssen uns ehrlich eingestehen: Es reicht nicht, nur, wie in den vergangenen Jahren, Antisemitismus zu verurteilen. Wir müssen auch etwas dagegen tun“, sagte er und forderte mehr Begegnungen mit der jüdischen Community und öffentliche Bildungsinitiativen, die über die Geschichte Israels aufklärten.